Hunderte Millionen Riechzellen sagen Covid-19 den Kampf an!
Corona ist derzeit in aller Munde. Aber einigen liegt es auch in der Nase. Kössi zum Beispiel. Seine Aufgabe bestand bisher darin, Krebszellen aufzuspüren. Sein sehr feiner Geruchssinn wurde so geschult, dass er anhand der Atemproben von Patienten Lungenkrebs recht sicher erkennen konnte. Erfolgsquote 97%. Ziemlich gut also der hundliche Detektor und warum soll das nicht auch für die Diagnostik von Covid-19 funktionieren?
Dass der beste Freund des Menschen schon lange nicht mehr nur sportlicher Teampartner oder häusliches Kuschelmonster ist, ist nicht neu. Hunde werden in der Gesellschaft immer mehr für ihre Dienste geschätzt. Sie führen Blinde sicher durch das Leben, warnen Diabetespatienten vor Über- oder Unterzuckerung und Epileptiker vor drohenden Anfällen. Sie finden Verschüttete in Lawinen oder eingestürzten Gebäuden, spüren Drogen, Sprengstoff und Minen auf.
Die vierbeinige Intelligenz ist arbeitseifrig und hat Lust auf Kooperation. Die „Werkzeuge“ die dabei zur Verfügung stehen, lassen die des Menschen vergleichsweise erbärmlich aussehen. Da stehen zum Beispiel fünf Millionen Riechzellen bis zu 300 Millionen gegenüber. Und da das Riechvermögen direkt an die Menge der Riechzellen gekoppelt ist, kann der Hund bis zu eine Million verschiedene Gerüche unterscheiden. Unglaublich, oder? Wir Menschen können nur ca. 10.000, sind eher auf die visuelle Wahrnehmung orientiert und gehören deshalb, wie die meisten Säugetiere zu den Mikrosmaten.
Kössi aber ist Makrosmat und in der Lage, die molekulare Zusammensetzung eines Geruchs genauestens analysieren. Das hat er schon bewiesen. Als ausgebildeter Spürhund hat der in seiner Schulzeit gelernt, seine feine Nase gezielt einzusetzen. Während der anspruchsvollen und zeitintensiven Ausbildung wirdausschließlich mit positiver Verstärkung gearbeitet. Nach dem Prinzip „machst-du-kriegst-du“, gibt es nach einer erfolgreich bewältigten Aufgabe, das absolute Lieblingsspielzeug als Belohnung. Kössi empfindet seine Arbeit also immer als Spiel, ist motiviert und hat Bock auf Schnüffelarbeit. Genau deshalb ist er derzeit auch einer der Teilnehmer in der aktuellen Studie an der Universität in Helsinki, an der sich die Veterinär- und Humanmedizinischen Fakultäten zusammengetan haben, um Covid-19 den Kampf anzusagen.
Geschulte Geruchserkennungshunde wie Kössi ist es, ersten Ergebnissen zufolge gelungen, die Urinproben von infizierten Patienten von denen gesunder Personen zu unterscheiden.
„Es war fantastisch zu sehen, wie schnell die Hunde auf den neuen Geruch reagierten", sagt die Forscherin und Leiterin der DogRisk-Gruppe, Anna Hielm-Björkman.
Der Anfang ist also gemacht. Und es ist ein vielversprechender. Aber der Weg geht noch ein Stück. Jetzt beginnen die Forscher mit dem Sammeln von Patientenproben. Es muss u.a. geklärt werden, wie lange der Geruch hält, nachdem die Infektion abgelaufen ist. Weitere Hunde müssen ausgebildet werden.
"Es gibt viele Dinge, die überprüft und erneut überprüft werden müssen, bevor wir die Geruchserkennung in die normale Praxis umsetzen können. Wir werden die Hunde jetzt in unserer randomisierten doppelblinden Umgebung erneut testen, mit einer größeren Anzahl von Patientenproben, die entweder ein positives oder ein negatives Corona-Ergebnis haben. Einige der negativen Proben sind gesund, während andere zum Beispiel andere Atemwegserkrankungen aufweisen ", sagt Anu Kantele, Professor für Infektionskrankheiten an der Universität von Helsinki.
Eine doppelblinde, randomisierte Studie gilt als die hochwertigste Form einer klinischen Studie, „um bei einer eindeutigen Fragestellung eine eindeutige Aussage zu erhalten und die Kausalität zu belegen.“ Dieses Ziel ist derzeit ein weltweites. Auch die Bundeswehr trainiert in ihrer deutschlandweit einzigen Diensthundeschule bei Ulmen in der Vulkaneifelbereits Sars-COVID19-Schnüffler. Donnie, ein Belgischer Schäferhund (Malinois) und bereits als Sprengstoff-Spürhund zertifiziert, startet wie sein finnischer Kollege Kössi ebenfalls gerade seine zweite Laufbahn.
Im Gegensatz zu den Finnen setzt das deutsche Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Tierärztliche Hochschule (TiHo) Hannover aber auf Speichelproben. Ausgebildet werden Schäferhunde, Spaniel und Retriever.
"Mit einer Trefferquote von derzeit etwa 80 Prozent sind die Forscher in Ulmen auf dem besten Weg, das Projekt erfolgreich weiterzuführen", erklärt die Diensthundeschule und will zeitnah belastbare Ergebnisse vorlegen.Auch in den USA und in Großbritannien hat die Ausbildung von Spürhunden begonnen. Speichelproben, Urin und Schweiß – verschiedene Wege sollen zum gleichen Ziel führen. Bis Corona-Spürhunde global einsatzfähig sind, dauert es wohl noch etwas. Dennoch: Das Wissen um die Fähigkeiten unserer geliebten Makrosmaten macht Mut und wie oft haben die uns schon geholfen.
Die möglichen Einsatzgebiete von Kössi und Donnie wären auf jeden Fall vielfältig, denn viele nützliche Aufgaben stehen an: zum Beispiel die Identifizierung infizierter Personen in Pflege- oder Altersheimen oder im medizinischen Versorgungssektor. Unnötige Quarantänen könnten vermieden werden. Auch bei der Unterstützung an Flughäfen und anderen Grenzpunkten könnten die Supernasen Einsatz finden. Und falls das Virus, wie befürchtet wird, mutiert, dann könnte der Begriff „Bester Freund des Menschen“ eine neue, noch bedeutungsvollere Bedeutung bekommen.
Quellen:
Pressemittteilung UNIVERSITY OF HELSINKI
STERN.de, Wikipedia