Der Hovawart

Der ausgeglichene Allrounder ist nicht nur optisch ein Hingucker, er überzeugt auch  mit seinen guten Wesenseigenschaften. Das Schicksal "Modehund" ist ihm glücklicherweise bisher erspart geblieben. Leider werden die gut erzogenen Exemplare oft nicht als Rassehund erkannt, sondern als Mischlinge klassifiziert. Und leider nimmt die Umwelt den Hovawart auch eher so wahr:

Flach wie eine Flunder auf den Boden gepresst liegt er lauernd, den herankommenden Hund fest fixierend und wartet nur auf den Moment, in dem er aufspringen und  donnernd auf ihn losspurten kann. Quasi wild gestikulierend saust ein großer dunkler Hund auf den meist sehr irritierten entgegenkommenden Hund zu. Herrchen ruft hoffnungsfroh „Der will nur spielen“ hinterher, kann jedoch damit die Ängste der besorgten Besitzer nicht wirklich besiegen. 

So oder so ähnlich erleben viele Menschen beim täglichen Spaziergang den Hovawart. Mobiles Territorium nennt es der Hundeflüsterer und Entertainer Martin Rütter gerne. Und so ganz Unrecht hat der damit nicht. Da wo sich ein Hovawart befindet, das ist SEIN! Das bewacht und verteidigt er, wenn man ihn lässt, selbst wenn es nur ein Quadratmeter Scholle am Wegesrand ist.

 

Gezüchtet, um zu bewahren

Anfang des 20. Jahrhunderts züchtete Kurt Friedrich König gezielt einen Hund, der neben dem situationsbedingten Handeln auch einen natürlichen Schutztrieb hat. Der derbe Hofwächter, in dem auch die Gene von Neufundländer, Leonberger, Deutschem Schäferhund und Kuvasz schlummern, sollte das Hab und Gut selbständig und eigenverantwortlich sichern. Und tatsächlich, wer einen Hovawart besitzt, muss keine Angst vor Einbrechern und dunklen Gestalten haben. Kehrseite der Medaille: 

der eigenständig agierende Hund kann zu einer Herausforderung im täglichen Leben werden. 

Wenig Spielraum und Toleranz wird heute in unserer auf immer engeren Raum lebenden Gesellschaft den in Zucht und Rassebild verankerten Charaktereigenschaften eines Hundes zugestanden. Da fällt es schwer, Verständnis für die Eigenständigkeit eines Hundes zu finden, der gerne immer mal wieder antestet, ob gesetzte Regeln auch aktuell noch Bedeutung und Bestand haben. Dabei ist es genau dieser Charakterzug, dieses Hinterfragen, das den Hovawart zu dem herausfordernden, ja starken Teampartner an der Seite des Hundesportlers macht. 

Sensibler Querdenker

Liebevolle Konsequenz ist der Leitsatz, der über der Erziehung eines Hovawartes stehen sollte. Härte im Umgang und in der Ausbildung verzeiht der sensible Querdenker nicht. Gefördert und gefordert werden möchte er, Aufgaben gestellt bekommen, die er lösen kann. Dabei ist er sehr vielseitig in seinen Begabungen. Langeweile lässt ihn kreativ werden, eigene Tages- oder Lebensziele finden, innenarchitektonisch oder gartengestalterisch aktiv werden. 

Als Allrounder breit aufgestell

Also was tun mit einem solchen Hund? Als Allrounder macht er es seinen Besitzern leicht, eine für beide ansprechende Beschäftigung zu finden. Sein Temperament, die Lebensfreude und der Spaß am gemeinsamen Tun mit seinem Teampartner sind eine tolle Basis für den Hundesport. 

Besonders talentiert ist der großrahmige Hund in der Nasenarbeit. Die klassische Fährtensuche, Man- und Dogtrailing oder die Rettungshundearbeit sind genau sein Ding. Der Hovawart kann aber in allen modernen Sportarten mitmischen, besonders im Obedience wird er immer beliebter. Zwar kann der bis zu 70 cm große und schwere Hund beim Agility nicht mit einem schnellen und wendigen Border Collie konkurrieren, aber Spaß hat das Team auch in dieser schnellen Sportart.

Als Therapiebegleit- oder Schulhund macht der Hovawart einen hervorragenden Job. Genaues Beobachten und Einschätzen von Situationen und dem menschlichen Verhalten prädestinieren ihn dazu, einfühlsam Menschen zu helfen.

Enfant terrible vs. Traumhund

Der Schlüssel zum Erfolg oder genauer zum Hovawart liegt in der Führungsqualität des Besitzers. Er kann traumhafter Begleiter durch dick und dünn oder ein Enfant terrible sein, das wie eine Wildsau den Ruf im gesamten Lebensumfeld ruiniert.  Apropos – Wild – da wäre später noch die Frage nach dem Jagdtrieb zu klären.

Erinnert die einführende Sequenz tatsächlich an die Kategorie Wildsau – so ist der Hovawart bei konsequenter Führung und Beziehungsaufbau ein wundervoller Alltagsbegleiter, der mit und vor allem für seine Bezugsperson lebt. Die Aussage vieler Züchter, der Hovawart sei kein „Anfängerhund“ muss relativiert werden, hat doch jeder Hovawartbesitzer irgendwann mal den ersten Vertreter seiner Rasse ins Haus geholt. Natürlich kann ein fundiertes Vorwissen zur Hundeerziehung auch beim Einzug eines Hovawartes nicht schaden. 

Das Wahrnehmen der Ansprüche und Bedürfnisse dieser Rasse, ein gutes Gespür für den Hund, Lust am gemeinsamen Tun, gesunder Menschenverstand und vor allem Konsequenz sind gute Voraussetzungen, mit einem Hovawart glücklich zu werden.

In der Ruhe liegt die KraftBara vd Kurpfalzjägern

In seiner Entwicklung und Reife gehört er definitiv sowohl körperlich als auch geistig zu den Spätzündern und ist erst in einem Alter von drei bis vier Jahren  so richtig aus- und erwachsen. Ambitionierte Hundesportler kann er mit seinem Schabernack, seiner Kreativität und Showeinlagen bei Prüfungen zur Verzweiflung treiben. Böse Stimmen behaupten oft, dass dieses Verhalten auf mangelnde Ausbildung zurückzuführen ist und nur eine Ausrede für hundeführerisches Nichtkönnen darstellt. Das mag in manchen Fällen sicher zutreffen, aber einen Großteil seines Charmes gewinnt der Hovawart gerade durch sein eigenständiges Denken, das es gilt, in Bahnen zu lenken. 

Dass der Hovawart aber durchaus ein beachtliches Potential für den Hundesport hat und auf hohem Niveau geführt werden kann, beweisen die national und international beachtlichen und gleichmäßigen Leistungen von Martin Aust. Mit seinem Antek vom wilden Jäger und dessen Tochter  Bara von den Kurpfalzjägern war er jahrelang bis zur höchsten Ebene im IGP-Sport unterwegs. In der Fährtenarbeit (FH-Bereich) mischte in den vergangenen Jahren Ute Andric mit Hiska vom Negro Lobo  eindrucksvoll, ebenfalls bis zur Weltmeisterschaft, mit. 

Die Rasse empfiehlt sich für eine hoch konzentrierte und ausdauernde Fährtenarbeit – ob in der klassischen Suche, Mantrailing oder Zielobjektsuche, die Hunde sind wahre Spezialisten in der Nasenarbeit und genießen die Erfolge mit ihren Menschen  im Team. In der Mannarbeit wird ihm gerne mangelnde Härte und fehlender Trieb unterstellt. Natürlich gibt es auch solche Hovawarte, die an der Arbeit mit dem Ärmel kein großes Interesse haben. Auf der anderen Seite werden auch nur ein Bruchteil der Hunde überhaupt ambitioniert in den IPO Disziplinen gearbeitet und viele wirklich überzeugend veranlagte Rassevertreter treten als Familienhunde sportlich nicht in Erscheinung. 

Das Wesen des Hovawartes ist zur Zeit so gefestigt wie nie zuvor, souveräne ausgeglichene Hunde mit einer hohen Reizschwelle sind für die Belange der heutigen Gesellschaft gut gewappnet. Auftretende Probleme, die zum Glück selten sind, gehen neben mangelnder Führungskompetenz meist auf gesundheitliche Defizite zurück. Bei spontan auftretenden Verhaltensproblemen sollte ein medizinischer Check-up selbstverständlich sein, um gesundheitliche Ursachen auszuschließen.

Zuchtvereine im VDH

Unter dem Schirm des VDH sind in Deutschland drei Zuchtvereine für Hovawarte organisiert: der älteste und größte, der RZV – Rassezuchtverein für Hovawart-Hunde e.V., die HZD – Hovawart Zuchtgemeinschaft Deutschland e.V. und der kleinste, der HC – Hovawart-Club e.V.. Entsprechend des Standards und strenger Gesundheitsauflagen fallen pro Jahr insgesamt ca. 800 Welpen. Wer sich für einen Hovawart interessiert, sollte sich im Vorfeld gut informieren, denn die Zuchtziele der Vereine und vor allem die Zucht zulassenden Tests sind sehr umfangreich, differenziert und legen unterschiedliche Schwerpunkte. 

Das eröffnet dem Interessenten die Möglichkeit, genau den Hund zu finden, der seinen Vorstellungen entspricht. Selbst innerhalb der Vereine lohnt sich eine persönliche Züchterwahl, denn die Bandbreite der gezüchteten Hunde ist vielfältig. Die kleinen, eher zierlichen, wendigen und schnellen Hunde findet man ebenso, wie die großrahmigen schweren, die mit großem Schub aus der Hinterhand den gewünschten weit ausgreifenden Trab gradlinig zeigen. So gibt es die temperamentvollen Rassevertreter, die mit viel Beutetrieb ausgestattet viel Freude in der Arbeit haben und es gibt die gemächlichen, bequemen und in sich ruhenden Vertreter. Jeder kann also den zu ihm passenden Hovawart finden.

Welche Farbe hättens´s denn gern?

Die Qual der Wahl hat der Käufer auch in Bezug auf die Farbe des Warts – einfarbig schwarz oder blond stehen ebenso zur Auswahl wie schwarzmarken: ein schwarzer Hund mit blonden Abzeichen in Gesicht, auf der Brust und an den Läufen. Farbschläge und Zeichnungen, die gelegentlich als Laune der Natur aus den Genen der eingekreuzten Rassen aufflackern können, sind unerwünscht und im VDH nicht zur Zucht zugelassen.

Und er jagd doch! 

Und dann war da noch die Sache mit dem Jagdtrieb. Von der Rassebeschreibung her ist der Hovawart kein Jäger, aber das Memo haben leider nicht alle Hovawarte verinnerlicht, deshalb gibt es sie: Die passionierten Jäger vor dem Herrn, denen mit Erziehung und adäquaten Methoden kaum beizukommen ist. Zum Glück sind diese Hunde die Ausnahme, die meisten Hovawarte jagen eher auf dem Niveau des Freizeithäschers, bei denen diese Passion mit einem guten und belastbaren Rückruftraining in der Regel gut beherrschbar ist. 

Hand auf´s Herz: die Gesundheit

Als eine Rasse, die modernen Zuchtstrategien folgt und bei der schon früh eine strenge Selektion auf die Hüftgelenksdysplasie betrieben wurde, ist der Inzuchtkoeffizient bei Verpaarungen seit Jahrzehnten möglichst niedrig. So konnte ein bedenklicher Ahnenverlust und die Häufung erblicher Erkrankungen vermieden werden. Es existiert keine Linienzucht im eigentlichen Sinn der Inzucht. Dennoch gibt es sie, die alt eingesessenen Zwinger, aus denen durch konsequente Zuchtauswahl bestimmte Typhunde mit verlässlichen Charaktereigenschaften, Arbeits- und Leistungsbereitschaft sowie gleichmäßigem Exterieur hervorgegangen sind.

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.

Schliessen