Mona Grefenstein (34) macht seit 20 Jahren Agility und ist eine der erfolgreichsten Agilitysportler Deutschlands. Als FCI Vizeweltmeisterin bekam sie mit ihrer 6-jährigen Border Collie Hündin Qju die VDH-Fahrkarte nach Birmingham zur Crufts 2020. Wir haben mit ihr gesprochen:
SPORTHUND: Herzlichen Glückwunsch zu deinem Erfolg in Birmingham! Die Crufts & Agility - wie passt das zusammen, was ist das für ein Wettbewerb?
Mona Grefenstein: Die Crufts ist die größte Hundeausstellung der Welt. Es ist alles perfekt organisiert und strukturiert. Hunderte Helfer sind dort unermüdlich im Einsatz, um einen perfekten Ablauf zu gewährleisten. Neben all den Ausstellungen der einzelnen Hunderassen, ist die Hauptarena mit ihrem Showprogramm das eigentliche Highlight der Crufts. Von Flyball, DogDance, Polizeiarbeit, Unterordnung bis hin zum Agility wird dort alles geboten, um das Thema Hund dem Publikum näherzubringen.
SPORTHUND: Die Crufts ist auch in den sozialen Netzwerken medial sehr präsent. Wie empfindet man das dort und ist der Hype auch regional zu spüren?
Mona Grefenstein: Ja. Das Programm der Hauptarena wird auch im englischen Fernsehen übertragen. Zusätzlich gibt es einen kostenlosen Livestream auf YouTube, der höchst professionell aufgebaut ist. Die volle Halle, die professionellen Kommentatoren, die tollen Film- und Tonaufnahmen und der direkte Zeitlupen-Review auf dem großen Cube mitten in der Arena - das alles sucht seinesgleichen, ist einfach eine Liga für sich! Somit kommt bei den Agilitystarts auch noch mal ein ganz anderes Feeling auf.
SPORTHUND: Du warst das zweite Mal dabei? Wie qualifiziert man sich dafür oder wer wird eingeladen? Und gibt es auch ein deutsches Team ähnlich wie bei EO/WM?
Mona Grefenstein: Ja, ich war bereits im Jahr 2018 dort und habe ebenfalls am International Invitation teilgenommen. Damals konnte ich ebenfalls den Vizesieg mit nach Deutschland bringen. Die Qualifikationen für die Crufts sind in England auf verschiedenen Turnieren zu erlaufen. Für ausländische Starter ist zum Beispiel das größte Agilityturnier der Welt, das KCI
Festival, eine super Gelegenheit. Es findet immer im August statt und ist ein riesiges Turnier mit 18 Ringen. Dort kann man sich für das sogenannte British Open in den Größenklassen Small, Medium und Large qualifizieren. Das International Invitation findet dagegen nur in der Größenklasse Large statt. Hier darf jedes Land einen einzigen Vertreter entsenden. Es gibt somit keine Nationalmannschaft, wie bei der FCI Agility WM.
SPORTHUND: Dann warst du die einzige Deutsche dort am Start? Wie wird entschieden, wer entsendet wird?
Mona Grefenstein: Ja, war ich. 2018 waren im British Open ein paar Deutsche vertreten. Diesmal leider nicht. Das British Open findet immer am Donnerstag statt, das International Invitation samstags. In Deutschland kann man sich für die Entsendung bewerben. Ich weiß nicht, wie viele Bewerber sich gemeldet haben, aber für Deutschland hat die Crufts nicht so den hohen Stellenwert. Das Turnier dort ist eher noch ein kleines Licht und so gibt es auch bei uns noch keine Qualifikationsläufe. Ich denke, ich wurde vom VDH aufgrund meiner Erfolge in den letzten Jahren ausgewählt.
SPORTHUND: Wie viele Läufe gibt es denn und wie wird gewertet?
Mona Grefenstein: Im International Invitation gibt es zwei bis drei Läufe. Die Vorrunde besteht aus einem Jumping und einem A-Lauf. Die Besten der Kombiwertung kommen in das Finale, welches wieder als A-Lauf ausgetragen wird. Der Titel wird an den Besten in diesem Lauf vergeben, die Ergebnisse der Vorrunde zählen nicht mehr. Im Finale startet wieder jedes Team bei Null. Aber jeder einzelne Lauf, auch der Vorrunde, wird prämiert. Das ist im Agility sowieso üblich.
SPORTHUND: Wie viele Teilnehmer sind am Start und wie lange dauert der Wettbewerb, wenn ja auch noch andere Programmelemente auf der Agenda der Hauptarena stehen?
Mona Grefenstein: Im International Invitation waren in diesem Jahr 21 Starter aus 21 Nationen am Start. Dementsprechend kurzweilig waren auch die Läufe. Mit Aufbau, Begehung, Laufen und Siegerehrung war alles in 45 Minuten durch. Das ist auch das System der Crufts: viel Abwechslung in der Hauptarena, damit es dem Publikum nicht langweilig wird. Das merkt man auch, die Stimmung ist bombastisch und alle fiebern richtig mit!
SPORTHUND: Wie ist denn der Schwierigkeitsgrad der Parcours auf so einem Event?
Die Parcours an sich waren nicht sonderlich schwer. Natürlich waren auch ein paar Schwierigkeiten zu meistern, aber oft bestechen die Parcours der Crufts durch eine Schlussgerade, auf der das Publikum die Läufer lautstark bis zum Ziel hin anfeuert! Das ist ein irres Gefühl! :-)
SPORTHUND: Dein Hund gehört ja zu Deutschlands Besten. Wie hat er sich denn geschlagen in dieser Arena?
Mona Grefenstein: Ich bin sehr zufrieden mit unseren Leistungen. Uns sind drei sehr gute, fehlerfreie Läufe gelungen! Qju war super drauf, ist mega gerannt und war total aufmerksam! Ich genieße einfach jeden Lauf mit ihr! Uns verbindet etwas ganz Besonderes! Wir haben schon so viele tolle Events zusammen erlebt und Länder bereist. Ich bin einfach so dankbar, das alles zusammen mit ihr erleben zu können! Die Stimmung dort hat uns beide gepusht und wir konnten sehr gute Leistungen abrufen, was mich natürlich sehr stolz macht. In den Vorläufen belegten wir sowohl im Jumping als auch im A-Lauf jeweils Platz 3. Im Finale konnten wir dann sogar Platz 2 belegen und wurden nur vom Schotten Euan Paterson geschlagen, der wirklich ein super Turnier ablieferte und verdient gewonnen hat! Mit seinem Border Collie hatte er auch schon den A-Lauf auf der letzten FCI WM in Finnland im Individual gewonnen. Schnelles Team!
SPORTHUND: Wie oft trainiert ihr z.B., und sind das dann eher kleine Sequenzen oder ganze Parcours?
Mona Grefenstein: Qju ist mein erster Border Collie. Uns verbindet wirklich ein besonderes Band! Ich trainiere in der Regel ein- bis zweimal pro Woche. Hierbei ist mir Basic-Training und ein gutes Verständnis des Hundes sehr wichtig. Ich shape gewünschte Verhaltensweisen sehr gerne. Natürlich laufen wir auch mal ganze Parcours, jedoch finde ich das präzise Ausarbeiten von Sequenzen oft viel sinnvoller.
SPORTHUND: Was bedeutet Agility für dich?
Mona Grefenstein: Agility ist ein großer Teil meines Lebens, genauso wie meine Hunde. Mich fasziniert die Teamarbeit zwischen Mensch und Hund, der Aufbau von Verständnis und Vertrauen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man nach langer gemeinsamer Arbeit einen fehlerfreien Lauf ins Ziel bringt. Gemeinsamer Spaß und eine tolle Bindung sind für mich die Basis für Erfolge. Aktuell leben drei Hunde bei mir: Page, mein 13-jähriger Tervueren, und meine beiden Border Collies Qju (6) und Sea (20 Monate). Ich selbst gebe Seminare im In- und Ausland sowie Onlinekurse zum Thema Running Contacts.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für dich und deine Hunde!■