Zughundesport in Kinderhänden
Ein bisschen kichern tun sie schon, die acht Kinder des Sporthund Kids Workshops in der Wesermarsch, als sie den Hunden die Booties anziehen. Der Anblick von einem Hund mit Schuhen ist ja auch etwas seltsam, aber vorteilhaft, wenn man Zughundesport machen will. Und vor allem ist diese erste Aufgabe der beste Eisbrecher für die Youngsters im Alter von sieben bis 16 Jahren. „Trotz des großen Altersunterschieds der Teilnehmer hatten wir eine sehr harmonische Truppe. Die Atmosphäre war, dank sehr aufgeschlossener Kinder, super und alle haben toll mitgemacht. Wir waren sehr begeistert von jedem Einzelnen,“ schildert Powerfrau Jule Prins die Stimmung beim Sporthund Kids Workshop. Sie und ihr Mann Marc Prins haben 2015 mit dem Zughundesport angefangen und sind mehrfache Welt-, Europa- und Deutsche Meister. Aktuell auch amtierende Deutsche Meister in allen Monokategorien Canicross, Bike und Scooter. In der Zughundesportszene kennt sie und ihre 13 Hunde jeder.
Wenig graue Theorie, viel Praxis
Kinder lieben „learning by doing”. Will man Nachwuchs für den Hundesport bekommen, muss man Begeisterung wecken. Und das geht nur durch Erleben, Fühlen, im wahrsten Sinne des Wortes „Begreifen“ - nicht durch Frontalunterricht.
„Wir haben zu Beginn erst einmal alle Facetten des Zughundesports vorgestellt und anhand praktischer Beispiele mit den Kids verschiedene Begriffe und wichtige Kommandos des Zughundesports erklärt. So durften sie beispielsweise zusammen eine Trainingsausfahrt für ein 8er-Wagengespann, einen 4er-Schlitten oder Bikejöring mit einem Hund vorbereiten. Wir haben dabei ein paar kleine „Herausforderungen“ eingebaut, welche die Kids als Team wunderbar gemeistert haben. So fehlte an der 8er-Gespannleine z.B. ein Karabiner, was sie selbstständig beim Überprüfen erkannten und zusammen reparierten“, erläutert Jule.
„Die drei ???“ treffen auf Daniel Düsentrieb
So wurde nicht nur detektivisches Gespür gefordert, sondern auch Tüftlerlust gefördert.
„Die Kids erkannten, dass am Bike die Bikeantenne fehlt und erarbeiteten zusammen, warum beim 4er-Schlitten z.B. keine gedämpfte Leine genutzt wird. Sie durften den Schlitten selbst zusammenbauen und in der Theorie erörtern, welche Voraussetzungen die Hunde brauchen, um an entsprechenden Positionen im Gespann oder auch in den Monokategorien zu laufen.
Wichtig war uns dabei, dass alle Kinder eingebunden wurden und die erfahrenen Kinder, die neuen mitnehmen und sie sich gegenseitig helfen. Die Kids konnten somit gegenseitig voneinander lernen“, sagt Jule. Also auch noch ein Plus an Sozialverhalten und Teamgeist.
Jugend verzweifelt gesucht?
Aber wie steht es generell mit dem Nachwuchs in Canicross und Co.? Die Cleveren der Hundesportszene haben die Notwendigkeit des Generationenwechsels für ihre Hundesportart erkannt und setzen auf Nachwuchsförderung. Seminare und Workshops für die Jugend schießen bei Social Media wie die Pilze aus dem Boden. Für ihren Sport beschreibt Jule Prins die Situation so: „Mittlerweile kommen immer mehr Kinder und Jugendliche zum Canicross. Viele Kinder werden durch ihre Eltern zu dem Sport gebracht. Da Canicross immer beliebter und bekannter wird, erreichen uns auch immer mehr Anfragen nach speziellem Training für Kinder oder gar Kinderworkshops. Auch aus dem THS kommen einige Kinder zu uns. Jetzt hatten wir auch eine tolle Teilnehmerin mit ihrem Labrador dabei, welche aus dem THS-Bereich kommen.“
Labrador klingt jetzt nicht nach Zughunderasse. Ergo: die Kinder durften ihre eigenen Hunde mitbringen. In der Regel sind das Familienhunde jeglichen Alters. So waren bei diesem Workshop insgesamt fünf Hounds, ein Labrador und ein Magyar Vizsla im Einsatz.
Die Hunde müssen nicht perfekt ziehen, sondern die Kinder sollen lernen, mit ihrem Teampartner zusammenzuarbeiten und ihm Hilfestellungen zu geben, um dem Hund das Ziehen schmackhaft zu machen. Die praktischen Erfahrungen mit dem Hund stehen im Vordergrund. Nicht der Leistungs- oder Wettkampfgedanke wie bei den Erwachsenen.
Ziel des Sporthund Kids Workshops
„Unser Workshop war auf Kids ausgerichtet, die neugierig auf Zughundesport sind, Spaß am Sport und eine Affinität zu Hunden haben. Uns ist es wichtig, dass die Zusammenarbeit mit dem Hund im Vordergrund steht und den Kindern spielerisch der Zughundesport vermittelt wird. Wir starten bei Kindern mit Canicross, da wir auch Anfänger dabeihatten, die noch gar keine Erfahrungen im Zughundesport hatten. Bikejöring war nur in der Theorie Bestandteil des Workshops, da man hier nicht die Sicherheit von Hund und Kind gewährleisten kann und es viel zu kompliziert ist, um es an einem Tag zu vermitteln. Ins Scootern konnten die Kids ohne Hund beim Scootertechniktraining reinschnuppern“, erzählt Jule. Wer nicht selbst Equipment dabei hatte, konnte sich den speziellen Laufgürtel für Kinder oder Scooter in Kindergröße ausleihen.
Apropos Sicherheit: „Wir haben drei eigene Kinderzughunde, welche neun bis zwölf Jahre alt und gut ausgebildet sind. Ausschließlich diese kleinen Hündinnen im Rentenalter kommen bei unseren Kids Workshops zum Einsatz. Da sie nicht mehr stark ziehen, entsteht kein großer Zug bei den Kids und sie haben erstmal die Möglichkeit, das Gefühl eines ziehenden, ausgebildeten Hundes kontrolliert kennenzulernen. Außerdem kann man beim Laufen die Kinder super begleiten und den Hund bremsen“, sagt die tempobegeisterte Sportlerin.
Eine Begleitperson, die ebenfalls mit dem Hund verbunden ist und diesen gegebenenfalls bremsen kann, ist bis zu einem bestimmten Alter auch bei Canicross Wettkämpfen für Kinder vorgesehen. Kinder dürfen nämlich bei Altersklassen Meisterschaften starten und sogar um Meistertitel kämpfen.
Helikopter-Eltern können aufatmen: wenn man mit Vernunft Zughundesport macht, ist er für Kinder nicht gefährlich.
Der ziehende Hund
Was sich nach einer dehnenden Yoga-Übung anhört, war die erste Laufübung des Sporthund Kids Workshops. Sie bestand darin, dass die Kinder sich gegenseitig über eine abgesteckte Strecke zogen. „Dabei spielte einer den Hund und der andere durfte schon mal mit Canicross-Gurt üben, die richtigen Kommandos zu sagen bzw. ein Gefühl für den Zug zu entwickeln. Dabei hatten die gespielten Hunde auch die Aufgabe, mal falsch abzubiegen oder mal aufzuhören zu laufen. Hier konnten die Kids üben, auch solche Herausforderungen zu meistern“, erklärt Jule. Diese Übung half ebenfalls dabei, den Zughundesport spielerisch und damit kindgerecht zu erfahren.
Let´s rock
Dann gab es endlich die von den Kindern voller Vorfreude erwartete, erste Zugeinheit mit Hund: Solo mit Hund auf einer Geraden. Diese Aufgabe wurde von allen ohne Probleme gemeistert. Da die abgesteckten Strecken bis 200 Meter lang waren, hatten die Kinder mehrmals die Möglichkeit, sich von verschiedenen Hunden ziehen zu lassen.
Danach wurde es schwieriger: zu zweit nebeneinander startend ging es auf eine mit Flatterband abgesteckte Strecke. Die Kids mussten darauf achten, dass sie die richtigen Kommandos sagen, die Hunde nicht über das Flatterband springen oder sogar abkürzen. Alle Kinder haben auch dies toll gemeistert, obwohl so mancher Hund schon mal über das Flatterband springen wollte.
Jule Prins: „Am wichtigsten ist uns, dass alle Kinder Spaß hatten und wir sie für den Zughundesport begeistern konnten. Das gelingt am besten, wenn man die Themen zusammen mit den Kindern spielerisch erarbeitet und sie kreativ sein können. Es geht viel um das Erleben und darum, dass die Kinder praktische Erfahrungen am Hund sammeln können. Bei den Kids, die schon erfolgreich im Zughundesport unterwegs sind, war uns wichtig, die Freude an der Arbeit mit dem Hund und auch den Teamgedanken zu stärken.“
Jule weiß, wovon sie spricht: Beim Zughundesport geht es nicht nur um Speed, Tempo und Adrenalin. Und der Hund ist kein Sportgerät. Vielmehr geht es um Teamarbeit, Vertrauen und Demut. Demut vor der Leistung des Hundes, seinen Menschen immer wieder sicher ins Ziel zu bringen.
Jagdtrieb kein Ausschlusskriterium
Mit welchen Hunden kann man eigentlich Zughundesport machen? Jules Antwort ist simpel: „Mit jedem gesunden und lauffreudigen Hund. Wichtig ist, dass der Hund Spaß am Ziehen hat und die körperlichen Grundvoraussetzungen dafür mitbringt.“
Hach, endlich ist es mal vorteilhaft, wenn der Hund zieht. Aber Jagdtrieb sollte er doch auf keinen Fall haben, oder? „Gerade jagdlich ambitionierte Hunde eignen sich sehr gut für diese Sportart, da das Ziehen in gewisser Weise auch zusammen jagen ist. Der Jagdtrieb wird umgelenkt und der Hund lernt seinen Jagdtrieb „kontrolliert“ auszuleben. Denn er darf mit Herrchen/Frauchen zusammen ein anderes Team oder die Spur eines vorangegangenen Teams „jagen“. Allerdings muss er aber dabei die Kommandos des Hundeführers befolgen und darf sich nicht ablenken lassen. Der Hund arbeitet selbständig vorneweg und wird dabei von hinten gesteuert und in der richtigen Spur gehalten. Bei einer guten Ausbildung wird vor allem das gegenseitige Vertrauen gestärkt.“ Ohne Impulskontrolle und Führung geht es also auch im Zughundesport nicht.
Kampf den Couch-Potatoes
Mit der Idee, einen Kids Workshop mit Jule und Marc Prins zu veranstalten, lief Sporthund beim dem sport- und hundebegeisterten Ehepaar offene Türen ein: „Wir waren sofort begeistert. Da wir schon länger keinen Kids Workshop mehr durchgeführt, aber schon geplant hatten, war dies unsere erste Wahl. Zudem haben sich die Kinder besonders über die tollen Goodies gefreut, die Sporthund zur Verfügung gestellt hat. Danke dafür!“
Gerne. Wenn es um Nachwuchsförderung im Hundesport geht, sind wir immer dabei!