Tina Neumann spricht im Interview über ihren Lieblingshundesport und was der Podcast mit Martin Rütter ausgelöst hat
Tina Neumann kennen die allermeisten Hundesportler nur aus dem kürzlich viral-gegangenen Podcast von und mit Martin Rütter. Hier habt ihr die Gelegenheit, die junge und engagierte Hundesportlerin besser kennenzulernen. Erstes Merkmal: Sie hat eine klare Meinung und sagt sie auch. Zweites: Sie ist null überheblich, hält sich selbst nicht für eine Expertin, obwohl sie Erfahrung mit THS, IGP und Mondioring hat. Drittes Merkmal: Sie führt als einzige in Europa einen Riesenschnauzer in Mondioring Cat.3!
Am Anfang ihrer Schutzhundesport-Karriere stand IGP. „Ich hab dann zufällig einen Diensthundeführer kennengelernt und mit ihm meine Hunde trainiert. Schutzdienst wurde da im Vollschutzanzug gemacht.“ Da lag es nahe, zum Mondioring zu wechseln, erklärt Tina und fügt hinzu: „Ich bin ein Wettkampf-Mensch. Ich möchte meine Hunde nicht nur auslasten. Ich gehe dann auch gerne in Prüfungen und Wettkämpfe.“
Am Mondioring fasziniert Tina, wie abwechslungsreich der Sport ist. „Ich finde diese Vielfältigkeit super! Es gibt da kein „Schema F“. Keine Prüfung ist wie die andere. Und auch die Atmosphäre ist locker. Da läuft Musik, die Zuschauer müssen nicht mucksmäuschen-still sein, da sind viele Leute mit auf dem Platz, die da was helfen.“
„Das finde ich schön. Du weißt vorher nie was kommt!“
Außerdem gefällt es der jungen Frau, dass die Mondioring Prüfungsordnung ihr gewisse Freiheiten lässt. „Du kannst ein Stückweit selbst bestimmen, wie dein Hund die Übungen ausführen soll. So kannst du auch auf die Stärken deines Hundes eingehen. Zum Beispiel das Fußlaufen. Es ist nicht vorgeschrieben, dass der Hund so laufen muss, wie wir es alle aus dem IGP-Sport kennen. Wenn mir das nicht gefällt, dann kann ich es auch so ausbilden, dass der Hund ordentlich neben mir läuft, aber nicht im Stechschritt.“
Einen Hund für eine Mondioringprüfung auszubilden, ist anspruchsvoll. Übungen wie die „abgebrochene lange Flucht“ oder die Führerverteidigung beeindrucken nicht nur Laien, sondern auch viele Hundesportler. Für Tina ist die Übung „Objektbewachung“ die größte Herausforderung. „Die Objektbewachung finde ich ziemlich beeindruckend, vor allem weil der Hund da komplett auf sich allein gestellt ist. Es ist eine sehr komplexe Übung, die nicht so einfach dem Hund zu vermitteln ist.“
Nachdem der VDH Mondioring offiziell als Sportart anerkannt hat, hat Tina nicht lang gezögert und „Mondioring Oberfranken“ gegründet. „Ich war schon lange in dem Verein und hab dort THS gemacht, trotzdem gab es anfangs Vorbehalte. Können wir dann im Winter noch mit einer dicken Daunenjacke auf den Platz gehen?“
Mit solchen und ähnlichen Fragen wurde Tina konfrontiert. „Ich habe dann die Leute mitten im Schutzdienst auf den Platz geholt und sie aufgefordert, meinen Hund zu streicheln. Oder was auch Vertrauen aufgebaut hat… Der Helfer hat nach dem Schutzdienst den Vollschutzanzug ausgezogen und direkt mit dem Hund geknuddelt, den er zuvor gearbeitet hat. So konnten die Leute sehen, dass meine Hunde nicht gefährlich sind und dass sie null Konflikte mit Menschen haben.“
Leider gibt es bis heute kein flächendeckendes Angebot, um Mondioring zu trainieren. Anfänger sind deshalb häufig darauf angewiesen, erste Erfahrungen auf Seminaren zu sammeln. Tina hat ihr Wissen auch auf diesem Weg und natürlich durch den Austausch mit anderen Ringsportlern angesammelt. Mittlerweile steigt sie selbst in den Anzug und trainiert ihre Hunde gerne allein. „Die Basics bringe ich ihnen selber bei.“ Das können Anfänger natürlich noch nicht. Für sie bietet „Mondioring Oberfranken“ konkrete Anleitungen beim Training, das regelmäßig zweimal wöchentlich stattfindet.
Themenwechsel: Der berühmt-berüchtigte Podcast
Eins muss man vorweg mal festhalten. Allein dadurch, dass Tina Neumann als junge Hundesportlerin bei der Diskussion ruhig und sachlich über ihren Sport berichtet hat, hat sie Rütters polemische Behauptung im Schutzhundesport seien nur besoffene, alte Männer aktiv, die ihre Hunde mit Gewalt ausbilden, ad absurdum geführt. Man hätte das Ganze genau so stehen lassen können und der im Podcast angegriffene Knut Fuchs hat das auch bisher getan.
Hätte, hätte Fahrradkette. Der Podcast hat hohe Wellen geschlagen. Wie fühlt Tina sich dabei?
„Ich bin da unter anderen Voraussetzungen hingegangen. Ich habe mir ein paar Folgen des Podcasts zur Vorbereitung angehört. Der dauert normalerweise 45 Minuten und es werden fünf Themen besprochen. Und das war´s. Ich bin also davon ausgegangen, dass ich ein paar Fragen zum Thema Schutzdienst beantworten soll und danach noch, wie meine Hunde sonst so drauf sind und fertig.“
Es kam allerdings ganz anders. Und das war für Tina nicht nur angenehm. Im Gegenteil: Sie bekam Kritik aus Reihen der Hundesportler und Mali-Züchter. Sie hätte den Mali schlecht dargestellt.
„Dass ich für eine ehrliche Meinung und für ehrliche Aussagen so kritisiert worden bin…“
„Ich hab ja sogar Drohungen gekriegt.“
„Ich soll mich besser auf Hundeplätzen nicht mehr sehen lassen.“
Man kann unterschiedlicher Meinung sein, aber da hört es auf. Diese Art der „Diskussionskultur“ bringt den Schutzhundesport garantiert nicht weiter. Man sollte annehmen, dass Kritik aus einem anderen Lager kommen würde.
„Ich wollte die Zuhörer erreichen und das sind bei einem Martin Rütter Podcast ganz normale Hundebesitzer und keine Hundesportler. Und die habe ich erreicht. Jedenfalls die, die mir geschrieben haben. Ich habe 300 Follower auf Instagram und mir haben fast 400 wildfremde Menschen geschrieben, dass sie es gut fanden. Dass es seriös war, was ich gesagt habe und sie glauben, dass meine Hunde nicht gefährlich sind. Dann denke ich, ich habe schon ein paar von den Familienhundlern erreicht.“
Der Podcast hat sicherlich einige Schutzhundesportler wachgerüttelt, dass man etwas in Sachen Öffentlichkeitsarbeit machen muss. Es wurden Gruppen gegründet, wo Diensthundeführer und Hundesportler sich weltweit zusammenschließen, der VDH hat Imagefilme zur Aufklärung angekündigt, viele fühlen sich dazu berufen, sich in irgendeiner Weise zu äußern.
Dass die aktuellen Aktionen und ein paar schöne Aufklärungsfilme das Image des Schutzhundesports in der Gesellschaft grundlegend verbessern, glaubt Tina nicht. „Dann kommt wieder so ein Video wie das von der Polizei in Sachsen letztes Jahr und dann ist wieder alles dahin. Man hätte jetzt versuchen müssen, ehrlich mit der Situation umzugehen.“
Was muss man dann tun, um auch in Zukunft noch Schutzhundesport betreiben zu können?
„Für mich ist der einzige Weg, den Leuten unsere Hunde im Privaten näher zu bringen. Den Sport hat jeder schon gesehen und jeder hat sich dazu eine Meinung gebildet. Die Leute müssen die Hunde im Restaurant, in der Stadt, beim Spielen mit Kindern usw. sehen. Sie müssen erleben, dass die Hunde nicht gefährlich sind. Das ist für mich die Öffentlichkeitsarbeit, die es braucht!"
Das kann man als Abschlusssatz sicher so stehen lassen, dennoch soll auch noch hinzugefügt sein, dass Drohungen gar nicht gehen. Jeder darf seine Meinung sagen. Und eines ist klar: wenn sich die Hundesportler nicht mal einig sind, sich gegenseitig beschimpfen und bedrohen, dann wird es nie gelingen, die Öffentlichkeit von unserem Sport zu überzeugen.
Vielen Dank Tina für das Interview.
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