Der Sieg bei einer Meisterschaft ist nichts Neues für Kira Albers, die schon auf der Deutschen Jugend- und Juniorenmeisterschaft ganz oben auf dem Treppchen stand. Aber die Bundessiegerprüfung? Im SV? Nur von der Teilnahme träumen viele. Für die meisten geht der Traum nicht in Erfüllung. Kira Albers hat es geschafft. Sie ist die neue Bundessiegerin, vertritt Deutschland anschließend bei der WUSV Weltmeisterschaft. Noch ein Traum, der sich erfüllt.
Aber Hundesport ist Teamsport und wie besonders ist es, wenn dieses aus Familie besteht. Ihr Verlobter Fabian Uebbing, der 2019 als Schutzdiensthelfer der Veranstaltung im Einsatz war, hat auch Mama Agnes Albers auf die Teilnahme der in Meppen bestens vorbereitet. Sporthund hat mit den dreien gesprochen:
Kira, herzliche Gratulation zum Titelgewinn in Meppen. Du hattest dich als Sieger deiner LG für die BSP qualifiziert. Wie überraschend kam der dann doch relativ klare Sieg trotzdem für dich? Fünf Punkte Vorsprung, rechnet man mit sowas? Wie fühlt sich das an?
Kira: Der Sieg der SV Bundessiegerprüfung kam für mich sehr überraschend. Auch, wenn wir die Landesausscheidung gewinnen konnten, das Niveau auf der BSP ist doch noch ein ganz anderes. Ich glaube aber, mit so einem Sieg rechnet niemand. Und auch wenn mich einige vorher schon als einen „Favoriten“ betitelt haben, ich habe damit ganz sicher nicht gerechnet. Das Gefühl ist aber natürlich unbeschreiblich. Zunächst konnte ich es gar nicht glauben und auch jetzt fühlt es sich immer noch wie ein Traum an.
Agnes, auch dir meine Glückwünsche zu deinem Erfolg. Du hast dich als Vizesieger der LG qualifiziert, deine Tochter hat dich auf der LGA „geschlagen“. Überwiegt da der Ehrgeiz, es ihr nächstes Mal „heimzuzahlen“ oder die Freude und der Stolz, dass ihr beide auf dem Treppchen standet und zusammen nach Meppen fahrt?
Agnes: Ich bin stolz und freue mich für Kira. Wir trainieren immer zusammen und es freut mich, dass Ultra sich so toll präsentiert hat. Gemeinsam auf dem Treppchen zu stehen war ein großartiges Gefühl, egal wer „oben“ steht. Auf die BSP in Meppen haben wir uns beide sehr gefreut.
Hundesport scheint ein Familienthema bei euch zu sein. Erzählt doch mal kurz eure Familienhundesportgeschichte.
Agnes: Als 1988 ein Hovawart einzog, sollte dieser in einer Hundeschule die Grundkommandos erlernen und etwas ausgelastet werden. Hierdurch wurde ich Mitglied im DVG Emsdetten-Sinningen. Schnell gefiel mir der gesamte Sport und ich bildete den Hovawart bis zur (damaligen) SchH3 aus. Als Nächstes kam dann eine Deutsche Schäferhündin ins Haus. 2003, als die Hündin bereits älter war, hat Kira im Alter von acht Jahren mit ihr ihre erste Begleithundprüfung absolviert. Seit dieser Zeit trainieren wir gemeinsam. 2006 bekam Kira ihre erste eigene Schäferhündin, die leider nicht für den Sport geeignet war. 2011 zog dann Fame vom dunklen Zwinger, die Mutter von Tawa und Ultra, ein. Mit ihr konnte Kira die ersten überregionalen Erfahrungen sammeln. Ich selbst führte bereits in früheren Jahren eine Kreisauslese im DVG und mit dem Rüden X vom dunklen Zwinger, der 2008 einzog, konnte ich auch im SV an überregionalen Veranstaltungen teilnehmen.
Wie viele Hunde leben bei euch und wie seht ihr das Leben nach der Karriere?
Agnes: Bei uns leben insgesamt sechs Hunde. Die Hunde sind für uns Familienmitglieder und bleiben bis zu ihrem Tod bei uns. Bislang haben wir erst einen Hund in jungen Jahren verkauft, da er nicht für den Sport geeignet war.
Zur Familie gehört inzwischen auch Fabian Uebbing, der mit Kira verlobt ist und 2017 Deutscher Meister im ADRK geworden ist. Profitiert ihr von seinen Erfahrungen mit einer anderen Rasse?
Kira: Das ist eine gute Frage. Natürlich ist jeder Hund anders und rassetypische Unterschiede sind nun mal existent. Wir profitieren auf jeden Fall davon, dass er ein sehr guter Schutzdiensthelfer ist und mit viel Erfahrung unsere Hunde sehr gut arbeitet. Er ist aber auch selbst ein erfolgreicher Hundeführer und weiß, wie man sich am anderen Ende der Leine "fühlt".
Nach welcher Philosophie arbeitet ihr und seid ihr euch immer einig über den Weg?
Kira: Eine Ausbildungsphilosophie ist schwierig zu definieren. Uns ist es sehr wichtig, dass wir den Spaß am Sport behalten. Wir wollen modern ausbilden und auch sehen, dass die Hunde Spaß an der Arbeit haben. In den meisten Fällen sind wir uns einig. Natürlich diskutieren wir auch mal und probieren verschiedene Möglichkeiten aus. Mit nach Hause nehmen wir diese Diskussionen jedoch nicht.
Fabian, du warst auch als Helfer der SV BSP 2019 im Einsatz. Ist es leichter Helfer zu sein oder Betreuer?
Fabian: Es ist leichter, die SV BSP zu hetzen. Bei den ersten Hunden ist man noch nervös, danach kommt man in den Ablauf. Als Betreuer steht man bis zum Ende unter Strom.
Besteht für dich die Möglichkeit, weitere Großveranstaltungen zu hetzen? Du bist doch auch Lehrhelfer deiner LG?
Fabian: Ja, die Möglichkeit besteht. Dieses Jahr war es mir aufgrund der Regelung, dass man die BSP nicht zwei Jahre hintereinander hetzen darf, nicht möglich zur Sichtung zu fahren. Das Hetzen von Veranstaltungen macht Spaß, ist aber auch sehr anstrengend. Als Helfer bekommt man von der eigentlichen Veranstaltung nicht viel mit. Eine WM zu hetzen wäre natürlich ein tolles Erlebnis. Wir warten mal ab.
Du bist inzwischen als Hundeführer auch auf den Deutschen Schäferhund umgestiegen? Warum?
Fabian: Umgestiegen ist vielleicht falsch formuliert. Ich habe sowohl einen Deutschen Schäferhund als auch einen Rottweiler. Da sowohl Fame als auch Ultra mir sehr gut gefallen haben, habe ich mich dafür entschieden, einen Welpen aus unserem A-Wurf zu behalten. Fame ist die Mutter dieses Wurfes und Vater Henrik vom Wolfsheim ist, wie Ultras Vater Bosco vom Wolfsbankring, ein Kinski vom Heidhof Sohn.
Ist es eine Herausforderung, zwei Hunde mit so unterschiedlichen rassetypischen Eigenschaften auszubilden.
Fabian: Ja, natürlich muss man umdenken. Aber ich denke, auch Hunde derselben Rasse können ganz unterschiedlich sein. Man merkt schon, dass der Deutsche Schäferhund im Allgemeinen eine deutlich bessere Griffqualität mitbringt als der Rottweiler. Ebenso sind viele Rottweiler meist sehr sensibel. Rottweiler benötigen häufig mehr Zeit, um Übungen zu verstehen, führen diese dann aber zuverlässiger aus als die meisten Deutschen Schäferhunde.
Agnes, der Hundesport ist die letzten Jahre sehr viel moderner geworden. Wie hast du persönlich denn diese Wandlung erlebt?
Agnes: Ich habe dies als sehr positiv erlebt. Die ganze Ausbildung ist viel überlegter geworden, da auch die Ausstrahlung des Hundes deutlich mehr zählt. Dadurch bringt man den Hunden die Übungen positiv bei. Damals war das noch ganz anders. Diese Wandlung finde ich sehr gut.
Wie habt ihr gelost, ward ihr zufrieden mit dem Los? Konntet ihr euch in Meppen gegenseitig unterstützen?
Agnes: Leider hatten wir in dieser Hinsicht, wie schon auf der LGA, „Lospech“. Als ich in der Unterordnung startete, musste Kira in die Fährte. Und als Kira ihre Unterordnung führte, war ich im Stadion mit dem Schutzdienst dran. Demnach war die gegenseitige Unterstützung leider nur in zwei der sechs Abteilungen möglich. Kira wurde von Fabian unterstützt und mir stand unser guter Freund Ortwin Kroll zur Seite. Danke euch!
Kira, in der Unterordnung gab es viermal das höchste „SG“. Wie sehr ärgert dich das Zusatzhörzeichen beim Apportieren, das dein mögliches „Vorzüglich“ verhindert hat? Und wie erklärst du die Situation?
Kira: Im Nachhinein „ärgert“ es einen natürlich. Aber diese Situation zeigt, dass es ein Teamsport von Mensch und Hund ist. Das Holz war sehr rutschig und da das Werfen nicht zu meinen Stärken zählt, ist es sehr ungünstig direkt zwischen die Hürde und die Kletterwand gerollt und sehr nah liegengeblieben. Dies sah ich und war kurz am überlegen, ob ich das Werfen wiederholen sollte. Ultra war recht hoch im Trieb und wollte vor dem Kommando starten. Ich schob ihr das Kommando „Hopp“ hinterher, aber leider irritierte sie das und sie stoppte daraufhin. Demnach blieb mir nichts anderes übrig, als ihr ein Doppelkommando zu geben und zu hoffen, dass sie den Rücksprung zeigt. Glück gehabt!
Wie bereitest du Ultra direkt vor der Unterordnung im Stadion vor? Gibt’s ein Ritual?
Kira: Ja, wir haben vor jeder Abteilung ein Ritual, um zu vermeiden, dass der Hund plötzlich im „Schutzdienstmodus“ ist. Das Ritual nutze ich als aufwärmen und um meinen Hund in Stimmung zu bringen. Ich bereite Ultra mit unterschiedlichen Übungen vor: drehen, durch die Beine laufen, rückwärts laufen, Sitz/Platz/Steh vor mir etc. Diese Übungen variieren in ihrer Reihenfolge und Häufigkeit.
In Abteilung C gab es zweimal 97 Punkte als Höchstmarke. Ultra ist also bester Hund in dieser Sparte und das als Hündin. Wie viel ist euch das wert?
Kira: Das ist natürlich ein toller Bonus zum Bundessieg. Besonders freut uns diese Punktzahl, da Ultra unser erster Hund ist, den wir gemeinsam von Welpen an aufgebaut und ausgebildet haben.
Und Fabian: sehr gute Arbeit! Beschreibe doch kurz deine Emotionen zu diesem Erfolg.
Fabian: Mich freut die Punktzahl im Schutzdienst natürlich auch sehr, vor allem weil Sid 2017 und Tawa 2019 mit 95 Punkten knapp an einem "Vorzüglich" vorbeigeschrappt sind. Ich bin stolz, dass Ultra ihren Leistungsstand und ihr Potenzial abrufen konnte.
Das könnt ihr auch sein. Aber auch Tawa hat sich aus meiner Sicht sehr überzeugend präsentiert. Leider brauchte sie aber zwei Zusatzhörzeichen, war insgesamt etwas lästiger am Helfer als auf der LGA. Wie arbeitet ihr an diesem „Problemchen“?
Fabian: Natürlich muss man dazu sagen, dass Tawa nach zweimal LG-FCI, zweimal Bundes-FCI, dreimal LGA, dreimal BSP und zahlreichen Ortgruppenprüfungen bereits sehr viele Prüfungen absolviert hat und somit vielleicht weiß, wann man sich so etwas erlauben kann. Wie wir daran nun arbeiten, haben wir noch nicht besprochen. Tawa hat seit der BSP noch keinen Schutzdienst gemacht.
Kira, welche ist aus deiner Sicht die komplexeste Übung im IGP-Sport und warum?
Kira: Das ist vermutlich immer vom Hund abhängig. Lernt ein Hund eine Übung schnell, wenn ich ihm sie auf einem bestimmten Weg zeige, empfinde ich auch die Übung als „leicht“/ wenig komplex. Wenn ich jetzt eine Antwort finden müsste, würde ich sagen, die Vorausübung. Der Hund soll drangvoll und zielstrebig (demnach triebvoll) nach oben laufen, gleichzeitig soll er aufmerksam und korrekt in der Entwicklung folgen (obwohl er ja hoch im Trieb ist, damit er drangvoll laufen wird). In diesem drangvollen Hochlaufen soll er spontan auf das Kommando stoppen und sich legen. Ich finde diese Kombination doch recht anspruchsvoll. Vor allem das richtige Maß an Drang/Trieb und Gehorsam (abhängig vom Hund) zu finden.
Ja, gute Antwort und das habt ihr ja mit euren Hündinnen sehr gut hinbekommen! Du musstest noch recht lange warten, bis dein Sieg feststand? Wie viele Nerven kostet das?
Kira: Viele!! Im Vorfeld würde man den zweiten Platz natürlich sofort „unterschreiben“. Wenn man aber so knapp vor dem Bundessieg steht, möchte man die Veranstaltung dann aber natürlich auch gern gewinnen. Ich meine: Wann kommt man nochmal in diese gute Ausgangslage?
Ja, das stimmt und ist nachvollziehbar. Was habt ihr in der Wartezeit gemacht?
Kira: Morgens habe ich meine Mutter und eine Vereinskollegin noch im Fährtengelände unterstützt. Als wir wieder im Stadion waren, haben wir uns die Vorführungen in der Unterordnung und im Schutzdienst angeschaut.
Wie oft trainiert ihr die einzelnen Sparten?
Fabian: Das ist immer abhängig vom Hund, vom Trainingsstand und von unserer Zeit. Vor Veranstaltungen trainieren wir natürlich mehr. In den Phasen dazwischen sind wir meist drei Tage auf dem Hundeplatz und gehen einmal in der Woche fährten.
Mit einer Fährte in der Woche könnt ihr solche Fährtenergebnisse abrufen? Nach welcher Ausbildungsmethode arbeitet ihr?
Fabian: Natürlich gehen die Hunde im Aufbau und in der Prüfungsvorbereitung häufiger als einmal die Woche ins Gelände. Wir arbeiten immer abhängig vom Hund, haben vieles von Sascha Angelmaier gelernt und übernommen (z.B. das Vergraben von Hühnerhälsen).
Eure Hunde stammen von derselben Mutter ab, die du Kira auch auf Bundesebene geführt hast. Beschreibt doch mal das Wesen und die Eigenschaften von Fame?
Kira: Fame war im Alltag ein sehr freundlicher und umgänglicher Hund. Sowohl mit Menschen als auch mit anderen Hunden hatte sie keine Probleme. In der Unterordnung war sie sehr arbeitsfreudig. Im Schutzdienst war Fame eine derbe Hündin, die durch ihre vollen und festen Griffe bestach und immer die Konfrontation mit dem Helfer suchte. In der Fährte war sie leider von meiner Seite nicht optimal ausgebildet, was wir aber später recht gut herausarbeiten konnten.
Wie muttertypisch sind die beiden Töchter Ultra und Tawa? Gibt’s da Parallelen?
Fabian: Tawa und Ultra haben wie ihre Mutter ein tolles Griffverhalten. Tawa besticht durch ihre ruhigen Griffe (muttertypisch) und ist im Schutzdienst etwas sachlicher, was nicht so muttertypisch ist. Ultra zeigt sehr energische Bewachungsphasen und hat den Hang zum Wahnsinn. Das ist sehr muttertypisch, auch dass im Schutzdienst manchmal die Führigkeit leidet und sie sich beispielsweise nicht abstellen lässt. Auch sie hat immer volle und feste Griffe. Wir sind mit den beiden sehr zufrieden.
Warum ist der IGP-Sport wichtig für euch und was wünscht ihr euch für dessen Zukunft?
Alle: Uns macht es Spaß, unsere Hunde zu beschäftigen. Vor allem aber ist es interessant, Lösungswege für einzelne Probleme gemeinsam auszuprobieren und weiterzuentwickeln. Jeder Hund ist anders und es werden immer neue Ideen gebraucht – so wird es nie langweilig. Wir wünschen uns, dass die Außenwirkung unseres Sportes besser wird und wir ihn noch lange betreiben können.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg euch Dreien!