Erfolg hat der, der warten kann!
Fünfmal teilgenommen, diesmal hat es endlich geklappt: mit sogar zweimal 100 Punkten stehen Cölestin Ohrmann und sein Niko ganz oben auf dem Treppchen der DVG-Bundessiegerprüfung und sind für die VDH Deutsche Meisterschaft qualifiziert. Sporthund hat ihn zu seiner Strategie befragt.
Cölestin, herzlichen Glückwunsch! Hast du mit diesem Erfolg gerechnet?
Cölestin Ohrmann: Ich habe nun zum fünften Mal an der DVG-Bundessiegerprüfung der Fährtenhunde teilgenommen und mich jedes Mal in der Platzierung verbessert. Ich führe dies auf die Erfahrung zurück, die wir sammeln konnten. Ich bin nicht mal mit großen Erwartungen gestartet, weil Niko schon zwölf Jahre alt ist. Im Sommer hatte er temperaturbedingt ein kleines Formtief, aus dem er aber raus kam, als es kühler wurde. In Zülpich hat er uns dann alle überzeugt. Er hatte den richtigen Mix aus Konzentration und Motivation.
Was war das Besondere am diesjährigen Wettkampf?
Cölestin Ohrmann: Die Veranstalter und Fährtenleger haben es geschafft, für jeden Teilnehmer nahezu gleiche Voraussetzungen zu schaffen. Das ist eine Herausforderung in einem Wettkampf, bei dem immerhin 60 Fährten gelegt und abgesucht werden. In Zülpich haben alle Hunde auf frischer Einsaat und blankem Acker gesucht, doch oft hat man gar nicht genügend Fläche, um jeden Teilnehmer auf dem gleichen Gelände starten zu lassen. Der Schwierigkeitsgrad der einzelnen Fährten war angemessen, vielleicht sogar ein bisschen einfach. Aber für alle gleich. Das sind ideale Bedingungen.
Wie qualifiziert man sich für die DVG-Bundessiegerprüfung der Fährtenhunde?
Cölestin Ohrmann: Bei der DVG-Bundessiegerprüfung treten insgesamt 30 Teams an, deren Hunde jeweils zwei Fährten bei unterschiedlichen Richtern suchen müssen. Teilnahmeberechtigt ist einmal der Sieger aus dem Vorjahr als Titelverteidiger. Ich habe mich durch meine Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft des VDH im vergangenen Jahr qualifiziert. Die übrigen Teilnehmer stellen die Landesverbände: einmal die 16 Gewinner der Landesfährten, die übrigen freien Plätze werden nach der Punktzahl aufgefüllt.
Wie bist du zum Fährtensport gekommen?
Cölestin Ohrmann: Meinen ersten Hund bekam ich mit 14. Das war ein Dackel, dann kamen zwei Deutsche Schäferhunde. In unserem Ort gab es damals aber keinen Hundesportverein, so dass sich unsere Aktivitäten auf spazierengehen und ein bisschen "Sitz" und "Platz" beschränkt haben. Aber wir hatten immer Spaß dabei! Dann war aufgrund von Studium, Beruf und Familiengründung viele Jahre keine Zeit für einen Hund. 2004, als meine Töchter längst erwachsen waren, ist Pius bei meiner Frau und mir eingezogen. Pius war ein Belgischer Schäferhund von einem deutschen Züchter. Auf der Suche nach einer gemeinsamen Beschäftigung kamen wir zum Gebrauchshundesport. Mir hat er so viel Spaß gemacht, dass ich auf die gute Grundausbildung im Verein noch weiter aufbauen wollte. Ich habe dann mit Pius eine Woche lang ein Seminar in Hassleben besucht, bei dem neben dem praktischen Teil – täglich Fährte, Unterordnung und Schutzdienst – auch viel Theorie auf dem Programm standen: Wie lernt ein Hund? Wie lese ich meinen Hund? Das war so hilfreich, dass ich das Seminar von diesem Zeitpunkt an jährlich besucht habe.
Was war deine wichtigste Erkenntnis?
Cölestin Ohrmann: Ich habe bei diesen Seminaren viel über positive und negative Verstärkung gelernt und über das richtige Verhältnis von Motivation zu Konzentration. Ich setze hier klare Prioritäten: Ein konzentrierter Hund macht sicherlich weniger Fehler, aber meine Hunde sollen vor allem motiviert sein – also bei der Fährte nicht die Ohren anlegen, sondern freudig mit der Rute wedeln.
Wann kam Niko hinzu und was sind seine Stärken?
Cölestin Ohrmann: Niko habe ich 2010 von einem belgischen Züchter gekauft, kurz danach musste ich Pius krankheitsbedingt einschläfern lassen. Bei der Auswahl von Niko hat mich ein belgischer Freund beraten und so ist es nicht verwunderlich, dass Niko aus einer erfolgreichen Ringsport-Zuchtlinie kam. Niko und ich waren sofort ein Team und haben die ersten beiden Jahre nur Fährte und Unterordnung trainiert. In dieser Hinsicht war seine Ausbildung einfach und schnell, auch, weil ich mit Pius viel gelernt und Erfahrung als Ausbilder gesammelt hatte. Die Chipkontrolle hingegen haben wir fast ein halbes Jahr lang geübt, weil er durch seinen hohen Beschützerinstinkt praktisch keine Fremden an mich herangelassen hat. Bis heute ist er recht eifersüchtig und wird unruhig, wenn er nicht die erste Geige spielt. Aber diese kleinen Macken habe ich jetzt gut im Griff.
Wie hast du Niko in der Fährte ausgebildet?
Cölestin Ohrmann: Es gibt viele Methoden: mit Klickern, mit Futterdepots – alle funktionieren, solange man sie konsequent durchzieht. Nichts ist uneffektiver, als die Ausbildungsmethode mehrfach zu ändern. Ich lege in jeden Fußabdruck ein Futterstückchen hinein, das Niko suchen und fressen muss. Dabei bremse ich ihn mit einer Leine, bis er das Leckerli gefressen hat. Später wird das Futter ungleichmäßig in den Fußabdrücken verteilt, so dass kleinere und größere Lücken entstehen. Auf diese Weise wird das Futter langsam abgebaut. Doch bis heute gibt es für Niko auf jeder Übungsfährte ein paar Stückchen Trockenfutter zu finden. Dann baue ich Winkel und Abrisse in die Fährte ein. Bei einem Fährtenabriss sind die Fußabdrücke weiter als nur eine Fußlänge auseinander, so dass der Hund nach einem neuen Anfang suchen muss. Zuletzt muss der Hund Fährtengegenstände finden, anzeigen und bewachen. Das übe ich außerhalb der Fährte. Dank Nikos Schutzdiensterfahrung musste er sein Wissen lediglich auf die Fährte übertragen, denn es spielt keinen großen Unterschied, ob er einen Helfer, einen Ball oder einen Fährtengegenstand bewachen muss. Mittlerweile trainieren wir viel auf Zwischenfrucht und grobem Acker, damit es nicht zu einfach für ihn wird. Der Schuss kann auch nach hinten losgehen, wenn das Prüfungsgelände dann recht einfach ist und seine Motivation, zum Ende zu kommen, höher wird und die Konzentration nachlässt.
Machst du Dinge bewusst anders als andere Fährtensucher?
Cölestin Ohrmann: In einem Aspekt ticke ich vielleicht wirklich etwas anders als andere Hundeführer: beim Umgang mit Fehlern. Ein bisschen mehr Gelassenheit täte manchen Hundeführern gut. Zu viele wirken permanent mit Kommandos auf ihren Hund ein. Wenn der Hund über einen Winkel hinausläuft oder sich leicht abseits der Fährte vergewissert, geht doch die Welt nicht unter. Hauptsache, er sucht! Ich bin sicherlich Perfektionist, aber mit sehr viel Ruhe, Zeit und Geduld. Manchmal stehe ich minutenlang daneben und schaue ihm beim Suchen zu. Und: Ich helfe nicht. Auf diese Weise gebe ich ihm nicht das Gefühl, dass ich eingreife, sobald die Aufgabe schwieriger wird. Wobei soll ich ihm auch helfen? Er kann doch sowieso besser riechen als ich. Manchmal ist es das Schwierigste als Hundeführer, nicht einzugreifen. Für mich ist es das Erfolgsrezept.
Welche Meisterschaft kommt als nächstes?
Cölestin Ohrmann: Als DVG Bundessieger haben wir uns für die Deutsche Meisterschaft des VDH qualifiziert, die vom 18. bis 20. November in Oberdorla stattfindet. Wenn wir unseren Leistungsstand halten, ist da alles möglich. Die Deutsche Meisterschaft wird aber voraussichtlich für uns die letzte große Meisterschaft sein.
Warum? Wäre nicht auch eine Weltmeisterschaft spannend?
Cölestin Ohrmann: Natürlich darf man träumen, aber aus meiner Sicht haben Niko und ich alles erreicht: wir haben beim DVG und beim SV insgesamt 34 FH2-Fährten absolviert und durchschnittlich mit 96,7 Punkten quasi immer ein „vorzüglich“ erreicht. Bei der letzten Landesmeisterschaft haben wir eine Freisuche vorgeführt, bei der Niko seine Fährte ohne Leine gelaufen ist. Aber nun kommt die Zeit, alles etwas ruhiger angehen zu lassen. Niko ist zwölf Jahre alt. Er wirkt zwar noch topfit und wer ihn nicht kennt, halt ihn eher für sechs. Er ist allerdings sehr triebstark, was einige altersbedingte Probleme kaschiert. Meine Aufgabe ist, seine Aufgaben rechtzeitig anzupassen, um ihn quasi vor sich selbst zu schützen. Im Sommer fahre ich das Training zum Beispiel mittlerweile runter, weil es zu anstrengend für ihn ist.
Wie gehst du an die Deutsche Meisterschaft heran?
Cölestin Ohrmann: Ein Wettkampf ist für mich nur ein Test, ob die Ausbildung gut war. Bei einem jungen Hund kann es Sinn machen, nochmal gezielt das Gelände zu üben, auf dem auch der Wettkampf stattfinden wird. Aber Niko ist so erfahren, dass ich vor einer Meisterschaft nicht nochmal alles durchgehen muss. Aber natürlich strengen wir uns an! Ich bin noch nie auf einen Wettkampf gefahren, den ich nicht auch gewinnen wollte.
Wird es nach Niko einen weiteren Hund geben?
Cölestin Ohrmann: Das ist noch nicht sicher.
Vielen Dank für das Gespräch, viel Erfolg in Oberdorla und noch ein paar schöne Jahre mit deinem Champion!