Bei industriell gefertigtem Hundefutter hat es sich zu einem Trend entwickelt: Monoprotein-Futter. Was ist das eigentlich? Und wann sollte man es kaufen?
„Monoprotein“ bedeutet, dass das tierische Protein im Futter nur von einem Tier stammt. Es ist also keine Mischung aus Huhn, Rind, Schaf oder Fisch enthalten, sondern eben wahlweise nur Huhn, nur Rind, nur Schaf oder nur Fisch. Der Begriff sagt nichts darüber aus, welches Teil vom Tier verarbeitet wurde. Meist ist es ein Mix aus Muskelfleisch und inneren Organen wie Magen, Leber oder Niere. Er sagt auch nichts darüber aus, ob im Futter noch weitere Proteinquellen pflanzlicher Herkunft enthalten sind.
Ist das nun gesünder für den Hund? „Nicht unbedingt“, erklärt Katja Waible. Sie ist Ernährungsberaterin für Hunde im baden-württembergischen Malsch. „Für einen gesunden Hund ist ein Proteinmix überhaupt kein Problem.“ Denn trotz jahrhunderterlanger Domestikation haben Hunde einige Eigenschaften von ihren Vorfahren, den Wölfen, behalten. Noch immer sind sie Fleisch-Allesfresser, die ihre Beute nahezu komplett verzehren und auch den Magen-Darm-Trakt samt pflanzlichem Inhalt nicht verschmähen. So kommt ein Futterverhältnis zustande, das Hunden bis heute empfohlen wird: rund 70 Prozent Tierisches und 30 Prozent Pflanzliches. Das variiert permanent in seiner Zusammensetzung, weil am einen Tag vielleicht Hase, am anderen Reh auf dem Speiseplan steht.
Wenn ein Protein Beschwerden macht
Monoprotein-Futter hingegen ist vor allem für ernährungssensible Hunde interessant, die mit Beschwerden auf herkömmliches Futter reagieren, dessen Zusammensetzung von Charge zu Charge leicht variieren kann. Oder die eine Futtermittel-Allergie haben: Dann halten die Antikörper im Immunsystem des Tieres ein harmloses Protein aus dem Futter irrtümlich für einen Eindringling und greifen es an. Die Symptome sind vielfältig: Juckreiz verbunden mit übermäßigem Knabbern, Kratzen oder Lecken, Hautveränderungen durch Schuppen, Quaddeln, Papeln oder Hautrötungen bis hin zu Niesen oder tränenden Augen. Zudem können Magen-Darm-Symptome wie Durchfall, Erbrechen oder Übelkeit auftreten.
Zeigt der Hund Allergiesymptome, muss herausgefunden werden, auf welchen Inhaltsstoff der Hund reagiert. Der Goldstandard zur Diagnostik ist eine Eliminationsdiät beim ausgewachsenen Hund. Darunter verstehen Experten eine zeitlich beschränkte Ernährungsform, bei der die verdächtigen Futterbestandteile Schritt für Schritt herausgefiltert werden. Bis zu zwölf Wochen erhält das Tier ausschließlich Futter, Leckerlis und Snacks aus Zutaten, auf die es nicht allergisch reagieren kann – weil sein Immunsystem nämlich noch nie damit in Kontakt gekommen ist. Allergiesymptome treten nämlich nie beim ersten Verzehr auf. Erst, wenn die Antikörper des Immunsystems eine so genannte Sensibilisierung ausbilden konnten, kommt eine Kaskade in Gang. Dann „erinnern“ sich die Antikörper an das Allergen und aktivieren innerhalb kürzester Zeit alle verfügbaren Abwehrmechanismen. Diese Phase zwischen dem Erstkontakt und dem Auftreten von Symptomen kann mehrere Jahre dauern.
Eliminationsdiät mit Monoproteinen
Aus der riesigen Vielfalt das richtige Futter zu finden, kann schwer sein. „Die meisten Hunde haben bereits eine große Vielfalt an Zutaten kennengelernt, weil die Halter ihnen mit Abwechslung eine Freude machen wollen. Sie wissen oft gar nicht, was in Futter, Snacks und Co. alles enthalten ist und was der Hund über die Jahre schon alles gegessen hat“, weiß Katja Waible.
Genau hier kommt Monoprotein-Futter ins Spiel. Damit lässt sich die tierische Proteinquelle genau definieren. Meist läuft es auf exotische Fleischsorten hinaus, die nur selten verarbeitet werden. „Früher waren dies meist Lamm und Pferd, heute muss man zunehmend auf Strauß, Rentier, Büffel oder Känguru zurückgreifen“, erklärt Katja Waible. Auch aus den pflanzlichen Kohlenhydratquellen muss eine gewählt werden, die das Immunsystem des Tieres noch nicht kennt. Um einen Überblick über alle Inhaltsstoffe zu haben, sollten die Halter das Futter auf Basis von Frischfleisch oder Reinfleischdosen selbst zusammenstellen und auf Vitamin- und Mineralstoffsupplemente verzichten. Es ist dann zwar nicht bedarfsdeckend und nicht für eine dauerhafte Ernährung geeignet, für diesen Zweck aber tolerabel.
Was dem Tier bekommt, wird gefüttert
Wenn die Symptome während der Eliminationsdiät verschwinden, ist ein Zusammenhang der Symptome mit dem vorherigen Futter wahrscheinlich. Zur Sicherheit wird anschließend eine erneute Provokation mit dem herkömmlichen Futter angestrebt. „Wenn dann die Symptome wiederkehren und bei einer Umstellung auf die Eliminationsdiät erneut verschwinden, ist eine Futtermittelallergie sicher“, sagt Katja Waible.
An die Diagnose schließt sich unmittelbar die Aufbaukost an. Bei einer Futtermittelallergie müssen die unbekömmlichen Bestandteile lebenslang konsequent gemieden werden. Anders als beim Menschen wird das Futter beim Hund allerdings nicht zu einer breiten Variation aufgebaut. „Wenn das Tier während der Eliminationsdiät symptomfrei ist, kann das Futter beibehalten werden. Hunde brauchen keine Abwechslung“, sagt Katja Waible. Allerdings muss es gegebenenfalls mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert werden, damit es langfristig bedarfsdeckend ist.
Alleinfuttermittel versus Ergänzungsfuttermittel
Alternativ bietet der Fachhandel auch geeignete Alleinfuttermittel auf Monoprotein-Basis an. Sie müssen gesetzlich eine Zusammensetzung aufweisen, die den Hund mit sämtlichen benötigten Nährstoffen versorgt. „Wichtig ist nur, dass die Fütterungsempfehlung genau eingehalten wird“, sagt Waible. Das Problem hierbei: nicht immer ist dies möglich. „Hunde sind unterschiedlich. Sehr aktive Tiere brauchen unter Umständen mehr Futter und werden dann eventuell mit Vitaminen und Mineralstoffen überversorgt. Bei Hunden, die weniger Energie brauchen, ist es umgekehrt“, so die Expertin weiter. Dann muss entweder ein anderes Futter ausgewählt oder es entsprechend angepasst werden.
Katja Waible empfiehlt außerdem, beim Kauf unbedingt die Inhaltsstoffdeklaration auf der Verpackung zu checken. „Noch immer gibt es Futter, die nach dem wertgebenden Inhaltsstoff benannt sind. Dann steht auf der Vorderseite zwar Lamm & Reis, trotzdem sind noch andere Proteinquellen enthalten.“
Ganz neu: Insekten
Daneben arbeiten die Hersteller daran, Futter mit neuen Proteinquellen in den Handel zu bringen. Auf der Messe Interzoo, die diesmal vom 1. bis 4. Juni Corona-bedingt rein digital stattgefunden hat, wurden erstmals in größerem Maßstab Produkte auf Basis von Insektenprotein vorgestellt. Als noch selten verwendete, hochwertige Proteinquelle können sie ebenfalls eine ideale Basis für hypoallergenes Futter darstellen. Aber: „Insekten haben einen Chitinpanzer in der Außenhaut, der schwer verdaulich ist. Einem ernährungssensiblen Hund das vielleicht Beschwerden bereiten“, sagt Katja Waible. Für Tiere, die allerdings nachhaltig gefüttert werden sollen, sind Insekten durchaus interessant. Sie brauchen weniger Platz und Wasser als Rinder, Schweine oder Hühner und verursachen weniger Treibhausgas-Emissionen – nicht nur für den Menschen die Proteinquelle der Zukunft.