Krallenpflege beim Sporthund
Oh Schreck! Das Gangbild sieht plötzlich schrecklich aus, der Hund stolpert, „tickt“ oder schlurft? Laufen will unser treuer Gefährte gar nicht mehr gerne? Und an den Pfoten geschleckt wird auch immer häufiger? Das muss nicht immer ein schwerwiegendes orthopädisches Problem sein – manchmal sind einfach die Krallen zu lang.
Unsere Hunde sind Zehengänger, das bedeutet, ihr gesamtes Körpergewicht verteilt sich auf den Endgliedern der jeweils vier Zehen – und dort finden sich auch die eingebauten „Spikes“. Die nicht einziehbaren Krallen wachsen ein Hundeleben lang, um der naturgemäßen Abnutzung entgegen zu wirken. Das bedeutet aber auch, dass es diese „Nutzung“ dringend benötigt! Und da gibt es kein Patentrezept, denn jeder Hund verfügt über ein individuelles Maß an Wachstumsgeschwindigkeit und Qualität. Ähnlich wie bei unseren Haaren und Nägeln.
Zu lange Krallen beim Hund sind, anders als bei uns, kein rein kosmetisches Problem. Als plastischer Vergleich könnte man unpassendes Schuhwerk heranziehen: stößt der große Zeh bei jedem Schritt vorne gegen den Schuh, irritiert dies Rezeptoren und Stellreflexe. In Folge dessen kann es Archillessehnenentzündungen und Rückenschmerzen kommen, da sich Muskelgruppen permanent anspannen. Diese Muskeln werden unwillkürlich gesteuert und sind dafür zuständig, Stolpern und Anstoßen zu verhindern. Was oftmals nicht bedacht wird: der Körper „sieht“ weniger durch das Auge als durch seine Berühungssensoren.
Auch Hunde zeigen plötzlich Verspannungen und Schonhaltungen, wenn die Krallen beim normalen Gehen anstoßen. Manchmal wirkt es gar, als hätten sie zu Laufen verlernt!
Die orthopädischen Probleme lassen dann nicht lange auf sich warten. Abgesehen von akuten Verletzungen wie gesplitterte oder ausgerissene Krallen oder gar Frakturen in den Zehen kann es zu Fehlhaltungen oder chronische Entzündungsreaktionen in den Gelenken kommen. Das kann eine Sportkarriere auch schon mal beenden und ist für unseren Vierbeiner zudem so peinigend, dass wir es nicht so weit kommen lassen dürfen.
Merke: Eine Hundekralle ist nicht erst zu lang, wenn sie sich wie ein Laugenhörnchen krümmt! Sie sollte bei entspanntem Laufen auf ebenem Untergrund keine Bodenberührung haben!
Warum Krallen zu lang wachsen hat viele Ursachen. Zu weiche Böden, zu wenig Bewegung, genetische Disposition.. auch die Härte der Krallen haben Einflüsse auf die sogenannte „Erosion“: richtig harte „Spikes“ lachen über Waldböden, Wiesen und lockeren Sand. Da muss mit Krallenschere oder elektrischem Schleifer nachgeholfen werden. Wohingegen weiches Horn nach ein paar Blitzstarts auf dem Asphalt schon mal „bis aufs Blut“ abgewetzt sein kann. Regelmäßige Pfotenkontrolle gehört zur Gesundheitsvorsorge – und da sollten wir uns auch damit befassen, wie es um die Hornbeschaffenheit steht. Denn auch Stoffelwechselstörungen, Durchblutungsstörungen, ernährungsbedingte Unterversorgung, Hautpilze oder infektiöse Erkrankungen können zu brüchigen, deformierten und entzündeten Krallen führen. Ungleichmäßige Abnutzung weisen auf Gangbilddysbalancien hin – ähnlich wie eine verstellte Spur beim KFZ!
So eine Hundekralle besteht anatomisch aus einem gut durchbluteten „Leben“, dem sogenannten Krallenbein. Das ist die von einer Hornhülse umgebene „Fingerspitze“, bei der das Horn aus einem falzartigen Nagelbett wächst. Diese Hornhülse ist naturgemäß hohl, manchmal mit Dreck und verhornten Hautschuppen des Krallenbeins ausgefüllt. Bei hellem Horn lässt sich das „Leben“ bei Gegenlicht gut erkennen, so dass man weniger in Gefahr läuft, eine Verletzung zu verursachen. Schwarze Krallen sind da etwas schwieriger zu schneiden, weshalb man dem überstehenden Horn Scheibchenweise zu Leibe rücken sollte.
Menschliche Nagelscheren oder Clipser sind übrigens NICHT geeignet, da sie die Kralle beim Schneiden quetschen. Das kann sehr unangenehm für den Hund sein – und die Chance erheblich schmälern, die nächste Pediküreeinheit ohne Gegenwehr durchführen zu können!
Es gibt spezielle Krallenscheren mit Anschlaghilfe, die für wenig Geld eine fachgerechte Kürzung erlauben. Auch Elektroschleifer (sinnvollerweise in handlich-kleiner Akkuausführung) erleichtern die Arbeit. Allerdings sollte der Hund an die ungewohnte Vibration, das Motorgeräusch und den unangenehmen Geruch nach erhitztem Horn langsam herangeführt werden! Und – der Schleifstaub ist nicht gerade gesund. Den bitte nicht einatmen.
Gewerbliche Hundetrainer haben oft „medical training“ im Programm, was bei ängstlichen und sehr berühungsempfindlichen Hunden anzuraten ist. Denn nicht jeder Hund ist von der Idee begeistert, an seinen eventuell ohnehin gereizten Zehen herumfuhrwerken zu lassen. Und nicht jeder Hundebesitzer hat eine Vorstellung davon, wie er seinen Vierbeiner davon überzeugt bekommt.
Ansonsten bieten Online-Plattformen wie www.erste-hilfe-beim-hund.de leicht verständliche Hilfestellung zur regelmäßigen Krallenpflege. Und natürlich können Veterinäre oder Hundesalons sowie Tierheilpraktiker vor Ort zeigen, wie sich eine angemessene „Pediküre“ gestaltet.
Bei unklaren „Abweichungen vom Normalbild“ sollte jedoch der erste Weg zum Tierarzt führen!
Quellen:
- www.erste-hilfe-beim-hund.de
- www.tiergesundheit.de
- "Franz-Viktor Salamon et. al., Anatomie für die Tiermedizin, Enke-Verlag, 1. Auflage"