Temperaturregulation bei Hunden
Heiße Sommertage machen uns Menschen schon oft zu schaffen, auch ohne wärmenden Pelz um uns herum. Hunde haben deshalb eigene Strategien entwickelt, um sich abzukühlen. Was im Körper des Hundes passiert und wie wir Menschen dafür sorgen können, dass der Sommer auch für unsere Fellnasen zur schönsten Zeit des Jahres wird, erfahrt ihr hier.
Hunde sind gleichwarme Lebewesen, genau wie ihre Herrchen und Frauchen auch. Ihre Körpertemperatur bleibt also relativ konstant bei etwa 38 bis 39 Grad Celsius, egal, ob um sie herum eiskalter Wind weht oder die Sommersonne brennt. Die entscheidende Fähigkeit von gleichwarmen Lebewesen besteht nämlich darin, kontinuierlich Wärme zu produzieren und bei Bedarf auch wieder abgeben zu können.
Thermoneutrale Wohlfühltemperatur
Dafür sorgt ein feiner Regelkreis, der bei Menschen und Tieren vom Hypothalamus gesteuert wird. So heißt ein besonderes Areal im Gehirn, das auch Wasser-, Salzhaushalt und Blutdruck reguliert und zahlreiche Hormone produziert. Bei der Temperaturregulation besteht seine Aufgabe darin, die aktuelle Temperatur zu messen und zu bewerten; ist sie zu niedrig, stößt er die Thermogenese an. 70 Prozent der gesamten Wärmeenergie entstehen im Kern des Körpers als unvermeidliches Nebenprodukt bei zahlreichen Stoffwechselprozessen der Organe und des Gehirns. Deshalb entsteht Wärme selbst beim Schlafen, wenn der Stoffwechsel des Tieres auf Sparflamme läuft, oder im Ruhezustand, wenn es nur ruhig daliegt und verdaut. Wohl und behaglich fühlen sich gleichwarme Lebewesen in der sogenannten thermoneutralen Zone. Darunter wird der Temperaturbereich verstanden, in dem sie weder frieren noch schwitzen und die Körpertemperatur deswegen nicht regulieren müssen. Bei bekleideten Menschen liegt sie bei etwa 23 Grad Celsius, bei Hunden – bedingt durch die großen körperlichen Unterschiede der vielen Rassen – zwischen 20 bis 30 Grad Celsius, wobei sich im unteren Bereich vor allem große, langhaarige Hunde und im oberen Bereich eher die kleinen, kurzhaarigen wohlfühlen dürften.
Mechanismen gegen Unterkühlung und Überhitzung
Bei Temperaturen über oder unter der thermoneutralen Zone muss der Hypothalamus regulierende Mechanismen in Gang bringen. In einer kühlen Umgebungstemperatur beschleunigt er deshalb zum Beispiel die Fettverbrennung und die Verdauung. Mehr als das 5-Fache des Ruhestoffwechsels kann der Körper allerdings auf längere Sicht nicht aufrechterhalten; reicht dies nicht aus, schränkt er zusätzlich Wärmeverluste über die Haut ein. Dann transportiert er weniger Blut aus dem Kern in die Körperschale, wodurch zunächst Hände, Füße oder Pfoten abkühlen, später auch Arme und Beine. Beginnen sie zu zittern, entsteht durch Muskelbewegungen besonders viel Wärme. Deshalb wird auch einem Tier, das sich viel bewegt, schnell warm. Umgekehrt muss ein Zuviel an Wärme abgeführt werden, um einen Kreislaufkollaps zu vermeiden. Deshalb wird sie über das Blut und das Gewebe aus dem Inneren des Körpers zur äußeren Schale transportiert. Wenn sich die Blutgefäße in der Haut (Kapillargefäße) erweitern, fließt mehr Blut hindurch. Menschen sieht man dies an ihren roten Wangen an. Steigt die Kerntemperatur weiterhin an, beginnt der Körper zusätzlich zu schwitzen. Sobald die Feuchtigkeit auf der warmen Haut verdunstet, kühlt die Körperschale ab und kann dem Kern weitere Wärme entziehen.
Dichter Pelz wirkt isolierend
Bei Hunden wird die Wärmeabgabe über die Haut durch das Fell behindert. Zwar reguliert sich die Problematik durch den Fellwechsel in gewissem Maße selbst, wenn Hunde im Frühjahr ihr Unterfell abstoßen. Trotzdem bleibt meist genügend haarige Masse übrig, die dem Hund in den Sommermonaten zu schaffen macht. Vierbeiner mit dunklem Fell leiden zudem deutlich mehr unter der Hitze als ihre helleren Artgenossen. Regelmäßiges Kämmen und das Ausdünnen der Wolle mit einem Unterwollemesser oder einer Effilierschere können bereits große Erleichterung verschaffen. Auch ein fescher Kurzhaarschnitt kann sinnvoll sein. Beachte allerdings dabei, dass mit den dicken Flocken auch der Schutz vor Sonnenbrand auf den Boden rieselt. Die Haut des Hundes ist kaum an Sonne gewöhnt und deshalb besonders empfindlich. Wer unsicher ist, wie viel Rasur das eigene Tier vertragen kann, sollte sich an einen Hundefriseur wenden, der sich mit den sommerlichen Bedürfnissen auskennt.
Hunde schwitzen anders
Zudem schwitzen Hunde anders als Menschen. Sie besitzen zwar durchaus funktionale Schweißdrüsen in ihrer Haut, sondern darüber aber vermutlich nur Duftsekrete ab. Einen Schweißfilm wie der Mensch produziert die Haut des Hundes nicht. Stattdessen schwitzen Hunde über die Ballen, mit denen sie im Sommer nasse Pfotenabdrücke auf den Fliesen hinterlassen. Allerdings reicht dies nicht aus, um den Körper ausreichend zu kühlen. Mit dem Hecheln steht Hunden deshalb ein anderer Mechanismus zur Temperaturregulierung zur Verfügung. Rund 300-Mal atmen sie dann mit heraushängender Zunge und weit geöffnetem Maul flach aus und ein. Wer Yoga macht und die Kühlende Atmung kennt, dem ist das Prinzip dahinter bekannt: der Luftstrom streicht die Zunge und die Schleimhäute entlang, kühlt das zirkulierende Blut und gibt die Wärme in Form von Luftfeuchtigkeit nach außen ab. Auf diese Weise werden Körper und Gehirn gleichermaßen gekühlt. Brachycephale Rassen mit sehr kurzen Nasen wie Mops, Französische Bulldogge oder Shih-Tzu sind hierbei extrem im Nachteil: ihnen fehlt die große Oberfläche an Schleimhäuten. Sie haben dadurch kaum die Möglichkeit, ihre Atemluft abzukühlen, und sind besonders anfällig, einen Hitzeschlag zu entwickeln. Hundehalter, die ihr Tier mit Maulkorb führen, sollten deshalb unbedingt darauf achten, dass er genügend Platz zum Öffnen des Mauls bietet.
Viel trinken und abkühlen
Effektives Hecheln macht deshalb ein trockenes Maul. Logisch, dass Vierbeiner bei großer Hitze viel Flüssigkeit zu sich nehmen müssen. Ein voller Wassernapf sollte daher immer in Reichweite stehen, egal, ob sich das Tier gerade im Haus oder draußen aufhält. Im Hochsommer gehören auch beim Spaziergang ein Napf und eine Wasserflasche mit ins Gepäck. Zuhause freut er sich bestimmt über eine eiskalte Überraschung: Füllt ein geeignetes Spielzeug mit kaltem Magerquark, Hüttenkäse, Trockenfutter und anderen Leckereien. Auf lange Ausflüge, Radtouren und wilde Ballspiele sollte man mittags und in der prallen Sonne allerdings besser verzichten. Insbesondere Hunde von aufgedrehten Arbeitsrassen überschätzen ihre eigenen körperlichen Grenzen im Adrenalinrausch oft maßlos und lassen sich trotz Überlastung immer wieder zum Rennen und Apportieren animieren. Deshalb gilt im Sommer: tagsüber hält das Tier Siesta, Aktivitäten werden in den Abend oder die frühen Morgenstunden verlegt. Dann freuen sich die meisten Hunde diebisch, wenn sie im kühlen Nass herumplanschen können: sei es im Bach, im Hundepool oder einfach mit Gartenschlauch oder Rasensprenger.
Erkennen, wenn es zu viel war
Übermäßiges Hecheln mit langgestrecktem Hals, Taumeln, Erschöpfung, eingefallen wirkende Augen sind erste Anzeichen einer Überhitzung. Dann ist Handeln angesagt, da sich der Zustand des Hundes schnell verschlechtern kann und unbehandelt zu einem Kreislaufversagen führt. Bringe den Hund deshalb sofort an einen kühlen, schattigen Ort und versuche, ihn abzukühlen. Lege ihm beispielsweise feuchte Handtücher auf die Pfoten und bedecke langsam auch den Rest des Körpers. Auch ein Ventilator oder fließendes Wasser aus dem Gartenschlauch leisten gute Dienste. Kontrolliere dabei unbedingt alle 5 Minuten die rektale Körpertemperatur mit einem digitalen Fieberthermometer, damit seine Körpertemperatur nicht unter das normale Maß sinkt. Ist der Hund bei Bewusstsein, gib ihm handwarmes Wasser zu trinken. Weil Hunde nach einer Überhitzung oft Infusionen und weitere Medikamente benötigen, sollte er auch einem Tierarzt gezeigt werden.
Hitzefalle Auto: Eigeninitiative erlaubt
Die meisten Hitzschläge erfolgen bei Hunden, die in geparkten Autos gelassen werden. Lasst daher niemals euer Tier alleine zurück und scheut euch auch nicht davor, einem fremden Hund in solch einer Notlage zu helfen. Doch Vorsicht vor blindem Aktionismus: juristisch gesehen ist das Einschlagen einer Autoscheibe Sachbeschädigung. Deshalb sollten Tierretter einige Dinge beherzigen: abhängig davon, in welchem Zustand sich das Tier befindet, ist man verpflichtet, zuerst in der näheren Umgebung kurz nach dem Fahrer zu suchen. Ist er nicht ausfindig zu machen, sollte man die Polizei oder die Feuerwehr verständigen. Ein apathischer Hund mit glasigem Blick jedoch schwebt in akuter Lebensgefahr. Ist zu vermuten, dass Polizei oder Feuerwehr nicht mehr rechtzeitig eintreffen, darf man die Autoscheibe einschlagen. Hierbei sollte man andere Passanten als Zeugen hinzuziehen, ggf. Bilder machen und ein Seitenfenster wählen, um den Schaden möglichst gering zu halten.