"You're simply the best, ..."

"... better than all the rest, better than anyone, anyone I ever met” 

(Writers: Mike Chapman, Holly Knight), heißt es so schön in dem Gassenhauer von Tina Turner und wenn ein Hundebesitzer das über sein Tier sagen kann, dann haben er und/oder der Züchter bei der Auswahl des Welpen alles richtig gemacht. 

Will man in der Zukunft mit seinem neuen Partner einen Hundesport ausüben und nach Möglichkeit erfolgreich sein, braucht es bestimmte Eigenschaften, die den Weg unter Umständen erleichtern. So wünschen sich Agilitysportler u.a. natürlich einen schnellen Hund, IPO-Sportler u.a. einen selbstsicheren, hochmotivierten und belastbaren, Rettungshundeführer u.a. einen ausdauernden und Zughundesportler ua.a einen lauffreudigen Teampartner. Aber wie findet man heraus, welcher Welpe der passende ist? Können die üblichen Welpentests bei der Entscheidung hilfreiche Informationen liefern? 

Fakt ist, ein Welpentest ist keine Prüfung. Hier kann man nicht bestehen oder durchfallen. Er gibt lediglich Aufschluss über die Persönlichkeitsentwicklung zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Wie sinnvoll sind nun solche Wesenstests? 

Sie liefern eine Momentaufnahme über die Wesensentwicklung des Welpen. Diese kann dem Züchter helfen, den Hund einzuschätzen. Ein Familienhund soll sicherlich etwas ruhiger sein, als einer, der in den Sport geht. Der Züchter hat die Möglichkeit, Defizite zu erkennen, entgegenzusteuern und Stärken zu fördern. Er erhält unter Umständen wichtige Informationen und kann daher seine Welpenkäufer besser beraten.

Aus unserer Sicht haben aber die Beobachtungen eines guten Züchters, der die Welpen acht Wochen lang, 24 Stunden betreut und studiert hat, eine wesentlich höhere Aussagekraft, da ein Welpentest immer nur eine Momentaufnahme ist. Und die ist natürlich immer beispielsweise durch "Tagesform" beeinflusst. Die Welpen entwickeln sich nicht alle gleich schnell. Da kann der eine oder andere schon mal in der Ausprägung seiner Fähigkeiten ein bis zwei Tage hinterherhinken. Und auch zwei Welpen auf gleichem Entwicklungsstand können trotzdem unterschiedliche Voraussetzungen haben, da sie ja nacheinander getestet werden. Während Welpe 1 an der Reihe ist, spielt Welpe 6 vielleicht gerade intensiv und ist während seines Testes eine Stunde später, dann müde. Eine objektiv gültige Aussage ermöglicht diese Momentaufnahme also nicht.

Oder anderes Beispiel: Die erste, oft auch als reinste Beurteilungsmöglichkeit betitelt, ist das Saugverhalten nach der Geburt. Wie zielstrebig geht der Welpe zur Zitze und beginnt zu saugen. Aber kann man das direkt nach der Geburt wirklich objektiv beurteilen? Der eine oder andere Welpe hatte es vielleicht etwas schwerer im Geburtskanal, weil es Störungen im Ablauf gab. Er braucht vielleicht etwas länger, um sich zu fangen. Als Züchter kann man sich diese Dinge notieren und weiter beobachten, aus der Momentaufnahme aber keine zuverlässigen Schlüsse ziehen.

Die charakterliche Beurteilung eines Lebewesens ist komplex und von vielen Faktoren und Einflüssen abhängig. Da reicht eine Momentaufnahme durch einen Welpentest nicht aus. Trotzdem kann er wertvolle Erkenntnisse liefern!

Was kann ein Welpentest bringen?

Die Hoffnung ist, dass man vorher herausfindet, wie sich der Welpe später entwickeln wird. Jedoch der Charakter eines Hundes besteht aus dem, was er genetisch mitbringt, wie er sozialisiert wird, wie die Umwelt ihn formt, welche Erfahrungen er machen darf oder muss. Daher ist ein Welpentest aus dieser Sicht sinnlos.

ABER: Man muss doch mal genauer hinschauen. Ein Welpe bringt ein Paket von Talenten und Tendenzen mit. Werden diese Talente und Tendenzen gezielt gefördert, kann man den Welpen dahin anleiten, in welche Richtung wir den ihn brauchen. Die Sozialisierung kann individuell auf den Welpen abgestimmt gelenkt werden. Die Talente, die man benötigt, kann man verstärken.

Im Welpentest mit sechs Wochen sieht man das angeborene Verhalten plus das, was der Züchter und die erwachsenen Hunde gezielt gefördert haben. Der Züchter kann anhand der Ergebnisse weiter individuell sozialisieren, d.h. Talente verstärken und Defizite noch auffangen. Es wird so ein standfestes Fundament für die jeweilige Erziehung des Welpen aufgebaut. Durch einen Welpentest, aber primär mehr durch die "Rund-um-die-Uhr"-Beobachtung während der Aufzucht kann der Züchter entsprechend den Eigenschaften der Welpen die passenden Besitzer aussuchen. Er kann den neuen Welpenbesitzern mehr Informationen zu dem individuellen Welpen geben und damit nicht nur auf "Käuferwünsche" eingehen, sondern auch für einen optimalen Start für Mensch und Hund sorgen. Im Assistenzhundebereich zerfällt der optimale Start durch Welpentests und individuelle Sozialisierung leider oft durch den Verbleib der Welpen bei Patenfamilien, die dann nicht auf die Talente eingehen. Auch bei Familienhunden bleibt durch mangelndes Wissen der Hundebesitzer oft die individuelle Förderung und Forderung der Talente aus. Dadurch verschwimmt das Ergebnis der Tests nach einiger Zeit.

 

Welche Beobachtungen können dem Züchter wichtige Erkenntnisse liefern? Hier einige Beispiele für Tendenzen, die in den ersten acht Wochen aufgefallen sein könnten:

1. BeobachtungEin Welpe im Wurf löst sich immer als erster von der Futterschüssel. Mögliche Erkenntnis: Er ist entweder nicht durchsetzungsstark oder ihm fehlt der Futtertrieb. Für einen Hundeführer, der in der Fährte ausbilden möchte, kann das nachteilig sein.

2. Beobachtung: Ein Welpe ist viel allein unterwegs ist, um seine Welt zu erkunden und liegt auch selten bei den anderen. Mögliche Erkenntnis: Er ist möglicherweise ein Einzelgänger, hat seinen eigenen Willen und weniger starken "will-to-please". Für heute verlangtes Unterordnungniveau in beispielsweise IPO oder Obedience, tut man sich möglicherweise etwas schwerer mit diesem Typ.

3. Beobachtung: Ein Welpe lässt sich immer leicht für ein Spiel motivieren und kann sich auch selbst beschäftigen. Er möchte Beute nicht nur machen, sondern auch besitzen und verteidigt diese. Mögliche Erkenntnis: Gute Motivierbarkeit, Eigenmotivation, ausgeprägtes Beuteverhalten sind sehr gute Voraussetzungen für jede Art von Hundesport allgemein. Die Ausbildung wird um vieles leichter.

4. BeobachtungEin Welpe behält in den "Kampfspielen" mit den Geschwistern meist die Oberhand behält. Mögliche Erkenntnis: Der Welpe könnte sich später als dominant erweisen und ist daher vielleicht nicht für jeden geeignet. Ein Welpenkäufer sollte für so einen Typ besser schon Erfahrungen haben. Ein Anfänger wäre vielleicht überfordert.

5. Beobachtung: Ein Welpe braucht in neuen Situationen immer etwas länger und ist eher zurückhaltend. Mögliche Erkenntnis: Dem Welpen fehlt es an Selbstsicherheit, möglicherweise auch an einer guten Nervenstabilität. 

 

Abschlussbemerkung:

Hundesportler, die sich für den Wurf eines bestimmten Züchters entschieden haben, haben sich meist schon im Vorfeld mit dessen Kompetenz, Aufzuchtbedingungen etc. beschäftigt und sollten, wenn die Welpen des Wurfes in der Gesamtheit gefallen, auch das Vertrauen haben, dass sie bei individuellen Wünschen auch ohne genannte Welpentests  beratend bei der Wahl unterstützt werden.

Hier die beiden genannten Welpentest im Aufbau:

Biotonus-Welpentest und 6-Wochen-Welpentest

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Artikel in Zusammenarbeit mit Mike Scheffner

 

Quellen: 

  • Fleig, Dr. Dieter: Die Technik der Hundezucht. 4. wesentlich erweiterte Auflage. Kynos Verlag, 2001.
  • Campbell, William E.: Behavior Problems in Dogs. 3. Auflage. CreateSpace Independent Publishing Plattform, 1999.

 

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