Ein American Bulldog auf der Bayerischen Meisterschaft IGP

Exoten im Hundesport

 

„Cool! Das ist mal was ganz Anderes!“ „Toll, dass man auch mal andere Rassen, als nur Schäferhunde und Malis sieht!“ Das sind Reaktionen, die Jennifer Beck auf der Bayerischen zu ihrem Start mit ihrer American Bulldog Hündin „Hog Lover's Hestia“ genannt Lexy begegneten. Ein rundum positives Feedback! Aber die junge Frau kennt es auch anders – vor allem aus den sozialen Medien. Da heißt es schon mal: „Muss das denn sein? Mit so einem Hund auch noch Schutzdienst zu machen?!“

Das hat uns neugierig gemacht und wir wollten gerne mehr über Lexy, ihre Hundeführerin und American Bulldogs im Allgemeinen erfahren. 

 

Nicht Schizo, aber trotzdem ein Alter-Ego

Leseratten ist Jennifer Beck vielleicht ein Begriff. Vor allem den Fans von New Adult Liebesromanen. Unter dem Namen „Allie Kinsley“ veröffentlicht sie seit mehr als zehn Jahren ihre sinnlichen und romantischen Geschichten - als E-Books im Selfpublishing. Und damit ist sie sehr erfolgreich. Sie hat bereits mehr als eine Millionen Bücher verkauft und zählt damit zu den angesagtesten Autoren ihres Genres.

Als Ausgleich zu ihrem Job als Schreibtischtäterin und Einzelkämpferin mit dem leeren weißen Blatt, bietet sich ihr Hobby Hundesport und die Zucht von American Bulldogs perfekt an. Um eins vorwegzunehmen: Es war eine Freude, mit ihr zu plaudern! Aber lest selbst…

 

Um eins direkt abzuräumen... Was antwortest du Kritikern, die Bedenken haben, mit einem American Bulldog Schutzdienst zu machen? Immerhin ist die Rasse in einigen Bundesländern ein sogenannter Listenhund.

Der American Bulldog steht in drei Ländern auf der Liste. In NRW, Hessen und zu meinem Glück natürlich auch in Bayern. Listenhunde müssen einen Wesenstest bestanden haben, ehe sie in den Sport gehen können. Meine Lexy hat den normalen bayerischen Wesenstest bestanden und wurde dort als nicht gesteigert aggressiv eingestuft. Die Kritik kommt nicht von Hundesportlern, sondern von Leuten, die weder vom American Bulldog noch vom Schutzhundesport Ahnung haben. 

 

Wie bist du auf die Rasse American Bulldog gestoßen?

Ich mag Hunde mit kurzem Fell, die athletisch, drahtig und muskulös sind. Mein Papa hatte früher einen Dobermann. Das hat mich schon vorgeprägt. Ich hatte dann einen Mischling aus dem Tierschutz, auch mit dieser Optik, kurzes Fell, sehr sportlich. Durch ihn bin ich in den Hundesport gekommen. Er war niemals müde. Ich habe immer gesagt: Das Böse schläft nie! (Sie lacht.) Für IGP war er nicht geeignet, also habe ich mit ihm Obedience gemacht. Aber der Schutzhundesport hat mir sofort gefallen. Nur braucht man dafür den richtigen Hund und so rum wird ein Schuh draus, wie ich zum American Bulldog gekommen bin. Es gibt nämlich nicht viele Rassen, die in meine präferierte Optik passen und dazu dann noch das leisten können, was ich im Sport gerne haben möchte.

 

Wenn du mit einem Dobermann aufgewachsen bist, wieso hast du dich dann nicht für diese Rasse entschieden?

Ich habe es mir kurz überlegt. Aber man weiß ja, wie es um den Dobermann steht. Die Rasse ist zu krank. Traurig, aber wahr.

Jedenfalls hat dann eine Freundin auf den American Bulldog aufmerksam gemacht. Zuerst hatte ich Vorbehalte. In meinem Kopf war ein Bulldog so'n plattgesichtiges Tier. Aber dann hat sie mir erklärt, dass es auch Arbeitslinien mit deutlich längerem Fang gibt. Die werden zur Wildschweinjagd eingesetzt, da brauchen sie einen Fang. Wie sollen sie sonst die Wildschweine packen?! Dann habe ich mir einen Wurf angeschaut. Ich bin zwei Tage dageblieben und habe viel mit dem Züchter gesprochen. Und dann war es um mich geschehen.

 

Stellen und VerbellenDu hast also deine Hündin bekommen und dann war auch sofort klar: Jetzt mache ich IGP!?

Richtig. Ich habe mit meinem anderen Hund in dem Verein Obedience gemacht. Aber mir war klar, dass ich mit dem Bulldog IGP machen möchte. Das hat mir einfach gefallen. Ich bin dann immer länger geblieben und habe beim Training zugeguckt. Das Konzept mit den drei Sparten, in denen man seinen Hund ausbilden muss, fand ich sehr interessant. So wird der Hund auch vielfältig ausgelastet.

 

Wie bist du dann da ran gegangen? Wenn man neu in den Sport kommt, hat man ja den Vorteil, dass man nicht all die alten Methoden und Vorurteile noch im Kopf hat.

Ja, und ich würde behaupten, meine Vorkenntnisse aus dem Obedience haben mir sehr geholfen. Ich habe dadurch einen anderen Blickwinkel auf die Ausbildung als viele alte IGPler. Ich habe fast alles „geshaped“, selbst im Schutzdienst. Der Transport ist geklickert. Ach, fast alles ist geklickert. Ich denke auch, gerade für einen Bulldog ist diese Art der Ausbildung sehr wichtig. Man muss ja bei denen schon immer ein bisschen aufpassen, dass man da nicht zu viel Aggressionsbereiche anspricht. Deshalb baue ich alles sehr positiv auf. So, dass der Hund immer ganz lustig ist und mit viel Freude rangeht. Bei der Lexi ist uns das, glaube ich, ganz gut gelungen. Die hat immer Lust, ist immer „on fire“!

 

Wenn du das Stichwort Aggression schon lieferst... Dann sag doch mal, wie geht ihr an die Sache ran, dass ihr nicht in die defensive Aggression kommt. Ist das Verbellen über Frust aufgebaut?

Ich habe das zuhause angefangen. Wenn sie gebellt hat, Klick – Futter, Klick – Futter! Ein stückweit ist es also über den Frust, weil sie natürlich auf das Futter gewartet hat und irgendwann kam dann das erste „Wuff“. Das ließ sich dann sehr schön ins Verbellen auf dem Platz übernehmen. Und das letzte bisschen rauszukitzeln, geht dann beim Bulldog echt easy. Die sprechen da einfach sehr schnell an. Das ist Genetik. 

 

Nimmt deine Hündin auch Aggressionsbereiche mit in die Beute? Oder ist das klar getrennt aufgebaut worden?

Wir haben versucht, es schön getrennt aufzubauen, aber sie tut sich schon manchmal schwer, bei den Wechseln. Je nachdem wie stark der Helfer ist, dreht sie schon mal schneller hoch. Das ist mir bei der Bayerischen im letzten Teil zum Verhängnis geworden. Deshalb habe ich da ein paar Doppelkommandos beim letzten „Aus“ gebraucht. 

 

Überfall aus dem RückentransportIst bei Lexy der Gehorsam schwierig bei hoher Erregungslage?

Eigentlich würde ich sagen: Nein! Sie ist extrem willig und hat ganz viel „will to please“. Sie will es immer richtig machen. Ich glaube tatsächlich, dass ihr da einmal die Nerven durchgeknallt sind, weil ich das auch mit dem Aus so nicht kenne. Das war für mich sehr überraschend. Aber einmal ist immer das erste Mal! Die haben aber auch schon knackig gehetzt dieses Jahr. 

 

Das heißt, wenn der Helfer ernsthaft ist und dem Hund mehr abverlangt, dann hält sie stärker dagegen?

Ja, genau. 

 

Und wenn das jetzt ein Helfer ist, der sehr weich in seinen Bewegungen ist und nicht viel Druck macht?

Den nimmt sie nicht ernst!

 

Wie warst du ansonsten mit dem Schutzdienst zufrieden?

Sie hat eine solide Arbeit auf der Bayerischen gemacht. Ich glaube aber nicht, dass es für weiter reichen würde.

  

Themenwechsel: Wie ist deine Lexy denn so in der Fährte?

Prinzipiell finde ich sie sehr talentiert in der Fährte. Und dadurch, dass sie unfassbar gerne frisst, ist die Ausbildung einfach gewesen. Das einzige Problem ist, dass sie auch etwas faul ist und ihre Augen gerne mitbenutzt. Wenn sie zum Beispiel Saatverläufe sieht, dann lässt sie sich gerne mal davon verleiten. Sie geht dann nicht komplett von der Fährte runter, aber sie geht gerne mal so'n halben Meter raus und dann wieder zurück. Und das kostet halt. Ansonsten fährtet sie gut und das Verweisen ist schön zuverlässig. 

 

harmonische FreifolgeWas ist deine Lieblingsabteilung?

Unterordnung!

 

Also doch noch Obedience... Apropos... Hast du auch Sachen aus dem Obedience übernommen?

Da habe ich extrem viel übernommen. Das beste Beispiel ist Lexys Fußarbeit. Die ist aufgebaut mit einer Fliegenklatsche. 

 

Kenn ich! Shauna Wenzel!

Genau! Nach Shauna Wenzel habe ich Lexys Grundaufbau gemacht. Da habe ich ganz viel mitgenommen! Und das meiste habe ich jetzt auch auf die Ausbildung meiner neuen (selbstgezüchteten) Hündin (Independent American Bulldog Always on Fire aka Fire) übertragen.

 

Wenn du über klickern sprichst... machst du free shaping?

Ja, ich mache ganz viel free shaping. Ich finde, dass es für den Hund ein sehr großer Vorteil ist, wenn er selbst „denken lernt“. Und sich Lösungen selbst erarbeitet. 

 

Zum Lernen ist das toll. Aber dann beruht alles auf Freiwilligkeit. Sicherst du auch Verhalten ab?

Ich denke, dass man bei den meisten Hunden etwas absichern muss. Shauna würde „Nein“ sagen. Sie hat aber einen Hundetyp, der ein „Nein“ auch nicht verkraftet.

 

Da ist was dran. Manche Hunde muss man nur schief angucken, dann machen die einen Offenbarungseid. Gerade wenn Hunde ausschließlich geklickert werden, sind sie häufig schon sensibel auf Berührungen. Weil sie das ja nicht kennen. Schon leichte Korrekturen vertragen sie dann nicht. Und das ist etwas, was wir im IGP nicht gebrauchen können. Wir müssen unsere Hunde belastbar machen. Das heißt ja nicht, dass man sofort tierschutzrelevant wird, wenn man sagt, ich benutze Korrekturen. Man kann das ja auch mit Fingerspitzengefühl machen.

Und dann reicht es ja auch oft schon, wenn man nur mal etwas lauter und ernsthafter mit denen spricht. Wenn die es vorher nicht gewöhnt sind, dass man die ganze Zeit an denen rumreißt, dann reichen auch feine Korrekturen.

 

Genau. Und das ist der Weg, den man heutzutage gehen muss, denn auch wir wollen unseren Sport im Rahmen des Tierschutzgesetzes ausführen. Es geht nicht, dass man den Hund aufdreht ohne Ende und ihn dann nur mit starkem Zwang wieder unter Kontrolle kriegt. Da muss man in der Ausbildung umdenken. 

Es ist wie überall im Leben... Wenn man etwas dreißig Jahre so gemacht hat, dann ist die Umstellung echt schwer. Ich komme aus der Prozessoptimierung und da musste ich frisch vom Studium 60-jährigen Staplerfahrern sagen, was sie die letzten dreißig Jahre falsch gemacht haben. Das war nicht einfach. Weder für sie noch für mich.

 

Wie viel Zeit wendest du für Hundesport auf? 

Wir trainieren jeden Tag. Aber halt viele kurze Einheiten. Meistens so um die drei Minuten, jeweils drei bis fünfmal am Tag.

 

Das ist eine Menge Aufwand. Bist du sehr ambitioniert und möchtest immer das Beste herausholen?

Ja, aber es bietet sich bei meiner Arbeit auch gut an. Die Hunde sind mit mir zusammen in meinem Büro und wenn sie unruhig oder nörgelig werden, dann mache ich halt schnell mal eine Trainingseinheit. Dann schlafen die wieder und ich kann in Ruhe weiterarbeiten.

 

Und wie sind deine Hunde so im Alltag?

Sehr angenehm! Weil sie halt auch gut abschalten können. Sie wollen gerne arbeiten, aber wenn ich zwei Tage auf dem Sofa liegen möchte, dann liegen die auch zwei Tage mit mir da. Das finde ich total angenehm und das ist auch der Vorteil gegenüber anderen Gebrauchshunderassen, die trieblich höher gelagert sind. Ansonsten gefällt es mir auch, dass sie nicht mit jedem „best friend“ sein wollen. Wenn ich Besuch bekomme, da laufen sie ganz normal hier rum, aber sie sind halt nicht „everybody's darling“. Sie schmiegen ich nicht an jeden ran und wollen gekrault werden. Das sind ja ursprünglich auch Farmhunde und die sind nicht dafür gemacht, jeden zu lieben. 

 

Heißt das, dass sie auch gerne wachen?

Ja, das würden sie, wenn sie dürften! Dann würden sie das gut und gerne machen.

 

Kategorie „Beste Alarmanlage“?

Ja, genau und auch eindrucksvoll!

 

Und wie sind sie beim Gassigehen?

Sie können prima den Rest der Welt ignorieren und müssen nicht zu jedem hinlaufen.

 

Und es kommt auch bestimmt nicht andauernd jemand angelaufen und will den Hund streicheln, oder?

Richtig! Manchmal ist es auch frustrierend, wenn die Leute schon beim Welpen die Straßenseite wechseln. Und auch das andere Hunde in uns reinbrettern, passiert nur sehr selten. Der schlechte Ruf eilt voraus. (Sie lacht.) Es sind aber auch keine Hunde, mit denen man Spaß auf einer Hundewiese hätte. Dafür haben sie viel zu viel Ego. Sie wollen dann ihre Interessen durchsetzen, vor allem gegenüber anderen Hunden. 

 

Spielen die auch eher „rüpelhaft“?

Im Rudel hier bei mir zuhause spielen sie sehr körperbetont. Es knallt dann auch, wenn die ineinander rennen. Mit anderen Hunden klappt das nur, wenn man sie vorher zuerst zusammenführt und aneinander gewöhnt. Das ist auch das Erste, was ich Interessenten sage: Ihr bekommt keinen Hund, der Interesse daran hat, mit fremden Hunden zu spielen. 

 

Lob bekommt auch ein Bulldog!Gutes Stichwort... Du züchtest American Bulldogs unter dem Zwingernamen „Independent American Bulldogs“. Du hattest dieses Jahr deinen ersten Wurf. Wie kam es dazu und was sind deine Zuchtziele?

Mein Hauptzuchtziel ist, für mich weitere Sporthunde zu haben. Das ist nämlich nicht so ganz leicht beim Bulldog. Als Haluk Mehmet, der Züchter von Lexy, gesagt hat, dass er keinen weiteren Wurf mehr machen will, stand für mich fest: Dann muss ich es selbst machen! Haluk hat mich dabei total unterstützt.

Er hat mir nicht nur sein ganzes Equipment gegeben, sondern auch unfassbar viel mit Input geholfen: in Sachen Linien, auf was ich achten muss, welche Rüden er wählen würde, was er mir für die Aufzucht empfehlen würde. Er hat mir so geballtes Wissen gegeben... Dafür bin ich ihm sehr dankbar! 

 

Und wie war es mit deinem ersten Wurf?

Klasse! Dreizehn Welpen. Aber wir hatten im Ultraschall nur fünf gesehen. Ich muss es immer etwas spannend machen… 

 

Berufskrankheit! Das können wir Autoren gar nicht anders! Und was ist auch gegen einen guten Spannungsbogen einzuwenden, wenn es am Ende ein Happy End gibt? 

Ja, aber da habe ich zwischenzeitlich schon ein bisschen geschwitzt. Aber schlussendlich habe ich für alle tolle Leute gefunden. Ich habe regelmäßig Kontakt mit allen. Das ist mir wichtig. Ich will wissen, wie die Hunde sich entwickeln. Und ich will auch wissen, wie meine Welpenkäufer mit ihnen zurechtkommen. Wenn irgendetwas ist, stehe ich gerne mit Rat und Tat zur Seite. 

 

Jennifer Beck ist mit Herz und Seele Bulldoggerin. Wenn die Gesundheitsauswertungen ihres Wurfes, wie sie es erwartet, positiv ausfallen, dann plant sie für 2025 einen neuen Wurf. Wer jetzt Interesse an der imposanten Rasse bekommen hat, sollte sich Jennifer und ihren Zwinger „Independent American Bulldogs“ gut merken. Natürlich ist der American Bulldog kein Hund für Jedermann, aber für Menschen, die Einheitsbrei langweilig finden, die einen charakterstarken Hund im Alltag an ihrer Seite haben möchten und sich nicht scheuen, mit einem Exoten die Hundesportwelt aufzumischen. 

Vielen Dank für das nette Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit deinen American Bulldogs, Jennifer. Und Allie… spitz die Feder und feuer' weiter Liebesromane raus, die das Eis zum Schmelzen bringen. Fire & Ice!

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