Free Shapen im Hundesport

Mit Eigeninitiative schrittweise zum Ziel  

Jenny Seefeld ist Hundetrainerin und bringt ihren vierbeinigen Schützlingen neue Dinge gerne mit Hilfe des Free Shapens bei. Noch nie gehört? Was das ist, erfahrt ihr hier.    

Wer kennt es nicht: Man steht hochmotiviert vor seinem Hund, reckt erwartungsvoll den Zeigefinger in die Höhe und sagt „Sitz“. Doch es passiert: nichts! Dein Hund schaut dich nur völlig verwirrt an. Und, wenn du ihm vorsichtig den Popo runterdrückst, hält er mit vollem Gewicht dagegen. Was also tun, wenn der Hund gar nicht versteht, was er eigentlich machen soll?

 

Beim Shapen lernt der Hund selbst


Bei einem normalen Hundetraining wird in der Regel das erfolgreiche Ausüben eines Verhaltens mit einem Leckerli belohnt. Jenny Seefeld geht anders vor: Sie ist Hundetrainerin und bringt ihren vierbeinigen Schützlingen neue Dinge gerne mit Hilfe des Shapens bei. „Shapen“ leitet sich von dem englischen Wort „to shape“ ab, was „formen“ bedeutet. „Free Shapen“ bedeutet also „freies Formen“ und soll dem Hund die Möglichkeit zu geben, sich Dinge selbst beizubringen. Dazu wird der Lernprozess in viele kleine Einheiten unterteilt. Viele Autoren vergleichen Shaping deshalb gerne mit dem Spiel „Topfschlagen“, bei dem ein Kind mit verbundenen Augen einen versteckten Topf suchen soll. Auf dem Weg zu seinem Ziel wird es von anderen Kindern mit den Kommandos „heiß“ und „kalt“ durch den Raum gelotst: „heiß“ bekommt es zu hören, wenn es sich auf dem richtigen Weg befindet und „kalt“, wenn es vom Weg abkommt. Shapen funktioniert ganz ähnlich: Der Hund soll sich das Übungsziel selbständig erarbeiten, während der Halter nur auf die einzelnen Handlungen des Hundes reagiert. 

Beim Shapen zählt jeder Schritt


Am Beispiel des Apportierens sähe das ungefähr so aus: der Halter füllt einen Apportierbeutel mit Futter und legt ihn auf den Boden. Nun klickt er jede Aktion, die der Hund mit dem Apportierbeutel ausübt: 

- Klicke und belohne deinen Hund, wenn er Interesse am Apportiergegenstand zeigt, etwa indem er auf ihn zuläuft, an ihm schnüffelt oder ihn anschaut.

- Klicke und belohne deinen Hund, wenn er mit dem Apportiergegenstand interagiert, also ihn zum Beispiel mit der Nase anstupst, daran leckt oder mit der Pfote berührt.

- Klicke und belohne deinen Hund, sobald er seinen Fang öffnet.

- Klicke und belohne deinen Hund, sobald er den Apportierbeutel in das Maul nimmt, auch wenn es nur für einen kurzen Moment ist.

- Klicke und belohne deinen Hund, sobald er den Apportierbeutel aufnimmt. 

- Klicke und belohne deinen Hund, sobald er ihn in deine Richtung trägt. 

- Klicke und belohne deinen Hund, sobald er dir den Apportierbeutel übergibt. 

Beim Free Shapen wird alles belohnt


Wichtig zu wissen: Solch ein konkretes Trainingsziel zu verfolgen, ist beim Shapen bereits der zweite Schritt. Bis es so weit ist, vergeht einige Zeit. Shaping-Einsteiger beginnen weiter vorn mit dem sogenannten „Free Shapen“, mit dem Jenny Seefeld ihre eigenen Hunde etwa ab einem Alter von acht Wochen trainiert. „Dabei habe ich kein Ziel im Kopf, sondern lasse meinen Hund einfach machen. Ich arbeite dann auch ohne Gegenstand. Egal, ob er durch die Gegend läuft und schnuppert, oder ob er sich hinsetzt, sich hinlegt, mit der Pfote stupst oder mich einfach erwartungsvoll anschaut – ich klicke und belohne ihn mit einem Leckerli dafür.“ In dieser Free-Shape-Phase geht es erstmal darum, den Hund positiv zu konditionieren und ihm beizubringen, dass seine Handlungen das Geräusch des Clickers auslösen können und dann eine Belohnung folgt. „Ich belohne meinen Hund am Anfang für jede positive Verhaltensweise, damit er später in der Lage ist, komplexe Aufgaben zu lösen. Er soll lernen, dass sich Arbeit und kreatives Denken am Ende auszahlen“, erklärt Jenny Seefeld. Wer hingegen direkt mit Objekten anfängt oder ein konkretes Trainingsziel im Kopf hat, läuft Gefahr, dass der Hund nicht versteht, was er machen soll. „Dann ist erst der Mensch frustriert und anschließend der Hund. Irgendwann macht er gar nichts mehr. Das will ich unbedingt vermeiden.“

 

Shapen setzt Dopamin frei


Jenny Seefeld erklärt ihren Seminarteilnehmern auch, was dahintersteckt. Es gehe nämlich darum, den Hund während seinem Training mit möglichst viel Dopamin zu versorgen, so die Hundetrainerin. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der eine Schlüsselrolle im Belohnungssystem des Gehirns spielt und für Freude und Motivation verantwortlich ist. „Immer, wenn man Vorfreude hat, wird im Gehirn Dopamin ausgeschüttet – zum Beispiel, wenn wir Menschen uns auf ein Stück Schokolade freuen.“ Dopamin ist deshalb die Grundvoraussetzung dafür, dass Lernen erfolgreich ist. Forscher gehen davon aus, dass der Botenstoff den Nervenzellen dabei hilft, Gelerntes besser zu verarbeiten. Denn beim Lernen entstehen neue Verknüpfungen im Gehirn, und Dopamin scheint die Bildung dieser Verknüpfungen zu fördern – übrigens nicht nur beim Hund, sondern auch beim Menschen. Sobald der Hund die Verbindung hergestellt hat, dass auf den Clicker eine Belohnung folgt, beginnt sein Gehirn, Dopamin auszuschütten, sobald er den Klick hört. Free Shapen ist also quasi die Jagd nach dem Dopamin. Klickt es, wird der Hund so motiviert, das geklickte Verhalten zu wiederholen. Er wird das Training als positiv und motivierend empfinden, was wiederum das Lernen und Beibehalten neuer Verhaltensweisen erleichtert. 

Der Clicker als Trainingsbeschleuniger


Der Erfolg des Shapens hängt also davon ab, ob der Hund bereits gut auf den Clicker konditioniert ist. Klappt Shapen nur mit Clicker? „Nein, man kann natürlich auch ein bestimmtes Wort benutzen“, sagt Jenny Seefeld. „Ich kann den Clicker aber nur empfehlen. Ich nenne ihn sogar liebevoll Trainingsbeschleuniger.“ Denn ein Clicker hat viele Vorteile: Das Geräusch ist einzigartig, denn es kommt nicht in der Natur vor. Es ist emotionslos und immer gleich, egal wie die Laune des Hundehalters gerade ist. Und: es lässt sich innerhalb von Millisekunden punktgenau ausspielen. „Dazu möchte ich eine Geschichte erzählen: als ich in Amerika gelebt und als Hundetrainerin gearbeitet habe, habe ich eine Delfintrainerin kennengelernt. Heute wird das zum Glück in den Vergnügungsparks nicht mehr praktiziert, aber was diese Trainer den Tieren beigebracht haben, war trotzdem sehr beeindruckend. Einmal durfte ich ihr beim Training zuschauen, wie sie ihm beibrachte, durch einen Ring zu springen. Fehlversuche, bei denen er vorbeisprang, ignorierte sie, indem sie sich umdrehte; doch jedes Mal, wenn er ihn traf, hat sie geklickt. Das war für ihn das Signal, dass er sich jetzt seinen Fisch abholen darf. Nach einem besonders tollen Sprung hat sie ihn sogar direkt mit dem gesamten Fischeimer belohnt und die Trainingseinheit so mit einem Highlight beendet.“ 

Shapen braucht Zeit und Geduld 


Sobald ein Hund das gewünschte Verhalten sicher wiederholt, kann man es mit einem Kommando verknüpfen. Gibt er beispielsweise den Apportierbeutel zuverlässig ab, kann dann ein „Aus“ oder „Gib“ ergänzt werden. Doch bis es so weit ist, ist Jenny Seefeld beim Shapen ganz ruhig. „Meine Hunde sollen sich ganz auf das Training konzentrieren, daher verzichte ich auch auf lobende Worte wie Brav oder Fein.“ Seinem Hund per Shapen Dinge beizubringen, kann etwas länger dauern als bei herkömmlichen Trainingsarten. „Man sagt, dass ein Hund zwischen 80 und 150 Wiederholungen braucht, bis er eine Übung solide abruft. Weil er sich alles selbst beibringt, muss man beim Shapen etwas mehr Zeit einplanen – zumindest am Anfang. Aber irgendwann überholt man Hunde mit anderen Trainingsmethoden meist.“ Zudem bleibt selbst Erlerntes besser hängen und lässt sich später besser abrufen. „Uns Menschen macht es auch keinen Spaß, wenn wir einfach nur einen Aktenstapel abarbeiten müssen. Viel schöner ist doch, wenn wir die Chance bekommen, uns die Arbeit, unser Team und die Arbeitsbedingungen selbst einzuteilen“, erklärt Jenny Seefeld. 

Shapen funktioniert für alle Hunde


Shapen eignet sich für alle Hunde, für jedes Alter und jede Rasse. Jenny Seefeld empfiehlt die Trainingsmethode auch für sehr unsichere Tiere. So hat sie in ihrer Hundeschule beispielsweise gute Erfahrungen mit Hunden aus dem Tierschutz gemacht, denen sie auf diese Weise zu mehr Selbstbewusstsein und dem Treffen eigener Entscheidungen verholfen hat. Hat Free Shapen auch Nachteile? „Nein“, sagt Jenny, „man kann beim Shapen nichts falsch machen.“ Hinderlich sei es lediglich, falls der Halter so gar kein Gespür für den richtigen Moment des Klickens habe. „Dann besteht natürlich die Gefahr, den Hund auf unerwünschtes Verhalten zu trainieren.“ Doch mit ein wenig Übung ist die Gefahr äußerst gering – und die positiven Ergebnisse des Shapens überwiegen deutlich.

Wer Videos dazu schauen möchte, klickt hier

Jenny Seefeld ist Hundetrainerin und Sachverständige LHundeG NRW mit einer eigene Hundeschule in Leverkusen. Sie hat zwei eigene Deutsche Schäferhunde und war 2011 mit Ginoginelli und 2016 mit seinem Sohn Kalimero Bundessiegerin im IGP. Wenn sie nicht auf dem Feld steht und Hunde trainiert, schreibt sie ihre Erfahrungen in Büchern nieder. Ihr Erstlingswerk „Wie lernt dein Hund“ ist bei Amazon gelistet. Weitere Informationen über Jenny Seefeld auf der Homepage ihrer Online-Academy unter www.teamwork4dogs.de.

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