Zwischen den Hundesport-Welten - Ein Interview mit Nadine Schöfer
Was haben Harry Potter und Bibi Blocksberg gemein? Ungefähr so viel wie Obedience und Mondioring. In beiden Sportarten bezaubern Hunde durch fantastische Leistungen. Und manchmal trifft man Wandler zwischen den Welten. So ein Weltenwanderer ist die 48-jährige Nadine Schöfer. Sie ist eins „der“ Mondioring-Gesichter in Deutschland. Ich habe sie allerdings auf der Obedience-Bundessiegerprüfung kennengelernt. Und dort war sie nicht als interessierte Zuschauerin, sondern ist mit ihrer Herder Hündin Chili in Klasse 1 gestartet.
Obedience ist ein Steckenpferd von Nadine, aber Mondioring ist für sie ein wilder Mustang! Denn sie und ihr Mann sind absolute Mondioring-Fans. Was ich so über Mondioring weiß? Nicht viel! Am besten ich frag mal Nadine Schöfer:
Was hast du für Hundesporterfahrung?
Gestartet bin ich vor 14 Jahren mit unserem Mali-Mix Jack in THS und Obedience. Danach kam dann Mali Hündin Bakira, mit der ich ins Mondioring „gerutscht“ bin. Dank des Engagements meiner damaligen Trainingsgruppe, bin ich sogar zum Mondioring Worldcup 2013 nach Spanien gefahren. Dort haben wir den 9. Platz erreicht. Insgesamt habe ich seit 2009 unterschiedliche Hunde bis zur Obedience 2, IGP 3, FH 1 und Mondioring 3 ausgebildet. Aktuell führen mein Mann und ich unsere beiden holländischen Schäferhunde Spezi und Chili im Mondioring in der Kategorie 3, Chili startet hoffentlich nächstes Jahr dann auch endlich in der Obedienceklasse 2.
Wie bist du zum Mondioring gekommen?
Eigentlich war das Zufall. Eine Bekannte war in einer Trainingsgruppe und ich durfte mit meiner damaligen Hündin mal reinschnuppern. Da war es dann um mich geschehen und ich bin nie wieder von diesem Sport losgekommen.
Woher kommt Mondioring?
Mondioring wurde in den achtziger Jahren entwickelt. Ziel war, die etablierten nationalen Ringsportarten (Belgischer Ring, französischer Ring und den deutschen Schutzhundesport) in einer Disziplin zu vereinen und international zu werden. Im Vordergrund stand immer der Gedanke des gemeinsamen Hundesports, über alle Landesgrenzen hinweg.
Seit wann kann „man“ dafür in Deutschland trainieren?
Trainieren kann man dafür schon viele Jahre, unsere Pioniere haben dies bereits vorgemacht. Die Anerkennung durch die FCI und auch im VDH liegen erst wenige Jahre zurück und waren für uns ein großes und wichtiges Ziel, um unseren Sport weiter in Deutschland etablieren zu können.
Gibt es viele Vereine?
Es gibt noch nicht so viele Vereine, wie wir gerne hätten. Aber der Anfang ist gemacht, aktuell bieten der DHV, der DVG, der DMC und seit Neuestem auch der RSV2000 Mondioring offiziell in ihrem Programm an. Ich hoffe, hier weiter neue Vereine und neue Gesichter in unserem Sport zu sehen.
Welche Hunde eignen sich für diese Sportart?
Die Hunde sollten gute Nerven haben, keine Probleme mit neuen Situationen, denn bei jeder Prüfung gibt es Überraschungen im Aufbau und der Ausführung der Übungen. Außerdem muss der Hund unter allen Umständen ein stabiles und sicheres Wesen haben. Mit aggressiven Hunden ist unser Sport nicht möglich. Es sind immer viele Menschen mit auf dem Platz, direkt an den Platzbegrenzungen stehen Zuschauer und Teilnehmer mit ihren Hunden.
Wie trainiert man für Mondioring?
Das ist, denke ich, so individuell wie in jeder Sportart. Bei uns wird der Welpe bereits mit Spaß an seine spätere Aufgabe herangeführt. Es gibt Unterordnung, Sprünge und Schutzdienst. Ich baue viele Übungen der Unterordnung wie im Obi auf, einiges aber auch anders. Grundsätzlich wird bei uns mehrmals pro Woche trainiert, wir haben einen Trainings- und Fitnessplan für unsere Hunde (eine Kategorie 3 Prüfung dauert auch mal bis zu 40 Minuten, dafür muss der Hund eine sehr gute Grundkondition haben) und es gibt natürlich festgelegte Pausen und Regenerationstage. Mondioring ist nicht nur Training auf dem Platz, sondern eben auch Basics zu Hause, Kondition und noch vieles mehr.
Jede Prüfung hat ein Thema! Warum?
Das ist eine gute Frage. Ich denke es kommt vom Grundgedanken des Mondioring. Wir „spielen“ ja Prüfungen. Das impliziert schon ein wenig den Spaßgedanken bei der ganzen Geschichte. Natürlich wird ernsthaft trainiert, aber jeder Weltmeister ist im Mondioring auch schon gescheitert, da man nicht alles, was ein Thema beinhalten könnte, auch trainieren kann.
IGP vs. Mondioring! Geht beides? Was sind die Unterschiede in der Ausbildung?
Es geht auf jeden Fall beides. Wahrscheinlich nicht beides auf extrem hohen Niveau, aber es geht. Der Unterschied liegt in der eigentlichen Zielsetzung der beiden Sportarten. Im IGP möchte ich für einige Minuten eine detailliert exakt ausgearbeitete Leistung abrufen. Bis ins My genau herausgearbeitet, möglichst schnell und exakt vom Hund durchgeführt. Im Schutzdienst stehen Griffe, Gehorsam und Ausdruck des Hundes im Fokus. Der Richter beurteilt die Ausführungen.
In unserem Sport gibt es Rahmenbedingungen, welche der Hund erfüllen muss. Dies sind beispielsweise Zeit, Meter oder Berührungen. Jeder Abzug ist konkret in unserer PO festgelegt und wird vom Richter mittels Abmessens und Stoppuhr ermittelt. Wir möchten möglichst kraftsparend Unterordnung und Sprünge absolvieren. Das ist für eine lange Kategorie 3 Prüfung, in der der Hund dann noch sieben Schutzdiensthandlungen absolvieren muss, absolut notwendig ist. Außerdem werden bei uns die Griffe des Hundes, anders als im IGP, nicht bewertet.
Was ist das „Schwierigste“ beim Mondioring?
Das Schwierigste sind wahrscheinlich die vielen unbekannten Faktoren, die in einer Prüfung auf uns warten. Es gibt kein festgelegtes Schema, die Abfolge und Durchführung der Übungen erfahren wir erst kurz vorher beim weißen Hund. Was wird apportiert, wie sieht der Gegenstand zum Bewachen aus? All das sind Dinge, die wir vorher nicht wissen und die Übungen müssen vom Hund absolut verstanden sein, damit er sie auch korrekt durchführen kann.
Wie sieht eine Prüfung im Mondioring aus?
Ablauf einer Mondioringprüfung (normale Prüfung, keine WM, Beispiel Kategorie 3):
- Das Programm wird meist am Abend vorher von den Richtern gemacht
- Teilnehmer gehen zum Anschauen des Vorführhundes (weißen Hundes) auf das Spielfeld
- Der Hundeführer des Vorführhundes zeigt die einzelnen Übungen der Unterordnung in der festgelegten Reihenfolge und Ausführung, danach dann die Sprünge und die Schutzdienstübungen in der von den Richtern festgelegten Reihenfolge. Die Verteidigung des Hundeführers wird mit den Helfern zusammen detailliert gezeigt, da hier Abweichungen durch die Teams zum Verlust aller Punkte in dieser Übung führen können, die Richter weisen die Schutzdiensthelfer noch einmal in die korrekten Abläufe und Durchführungen ein.
- Am festlegten Platz wird der Hund abgelegt und es folgt die Vorstellung: hier nennt der HF seinen Namen, den seines Hundes, seinen Verein, teilt den Richtern mit, ob er seinen Hund abpfeift oder abruft, legt die Höhe der Sprünge fest, bekommt sein Hölzchen für die Geruchsidentifikation (vom Hund abgewandt 5 Sekunden in der Hand halten und dann in die Tasche stecken, welche bis zum Auslegen nicht mehr berührt werden darf) und lost aus, welche Flucht die abgebrochene Flucht sein soll (dies ist nur den Richtern bekannt).
- Das Mensch/Hund-Team absolviert zunächst alle Unterordnungsübungen in der gezeigten Reihenfolge, der auf dem Platz zuständige Ringkommissar (ähnlich dem Ringsteward im Obedience) führt über den Platz und durch das Programm, zeigt die Vorbereitungs- und Startpunkte und hört mit einem Ohr, ob der HF unerlaubte Kommandos gibt.
- Nach den Unterordnungsübungen folgen die Sprünge, hier gibt es den Hochsprung (bis 1,20m), den Weitsprung (bis 4,00m) und die Palisade (bis 2,30m).
- Der letzte große Teil ist immer der Schutzdienst, hier werden dann abschließend alle sieben Übungen absolviert.
Grundsätzlich ist der Apportiergegenstand nicht bekannt, das Programm (wo welche Übung stattfindet) nicht bekannt, der Gegenstand der Objektbewachung nicht bekannt, der Ablauf und die Schwierigkeiten der Verteidigung des Hundeführers (weite Wege, Sitzen, Liegen, Treppen, Leitern, etc.) nicht bekannt und noch vieles andere mehr
Weltmeisterschaft 2023
In diesem Jahr war das deutsche Team in Portugal bei der Weltmeisterschaft.
Unser diesjähriges Team für den VDH setzte sich zusammen aus:
Kategorie 1 Daniel Duschek mit Xpro Zooka vom schnellen Fahnder
Kategorie 2 Valentino Altissimo mit Platinum van Rokpinsch
Kategorie 3 André Schöfer mit Speznas
Nadine Schöfer mit Didi van Valesca´s Home
Teamleader Dirk Meyering
War das die erste WM?
Weltmeisterschaften gibt es schon lange, schon seit 1987. Mein Mann und ich waren jetzt seit 2013 auf Weltmeisterschaften aller Rassen und der der holländischen Schäferhunde aktiv.
Wie viele Länder waren dabei und wie viele deutsche Starter?
Insgesamt waren es in diesem Jahr, glaube ich, knapp 20 Länder und wir hatten aus Deutschland vier Starter (ein Starter in Kategorie 1, ein Starter in Kategorie 2, 2 Starter in Kategorie 3). Ich hoffe, dass sich im kommenden Jahr in Kategorie 3 ein paar mehr Starter aus Deutschland trauen. Wir haben in dieser Kategorie 4 Startplätze und qualifiziert wären dieses Jahr noch ein paar mehr gute Teams aus Deutschland gewesen.
Beschreib uns doch bitte „kurz“ die WM 2023!
Wir reisten aus unterschiedlichen Richtungen nach Portugal an, alle hatten mehrtätige Anreisen zu absolvieren. Einige trafen sich in Bordeaux und reisten dann gemeinsam weiter, alle zusammen trafen wir uns dann Dienstag vor Ort zu einem kleinen gemeinsamen Training und abends dann zu einem gemeinsamen Grillabend mit allen Mitgereisten.
Training auf dem Platz ist bei uns im Mondioring nicht erlaubt, die Teilnehmer dürfen den Platz vorher zu keiner Zeit betreten.
Am Mittwochabend dann gab es die Auslosungen der Startreihenfolgen und die Vorführhunde für die Kategorie 1 und 2. Unser Teamleader Dirk war dazu mit den anderen Teamleadern auf dem Feld, mit Handykamera und Headset bewaffnet, um ggf. auftretende Fragen direkt an die Richter weiterleiten zu können.
Die Programme waren anspruchsvoll, aber lösbar. Die Aufregung bei unseren beiden „Newcomern“ Daniel und Valentino stieg und so starteten wir Donnerstag in aller Frühe ins Stadion, um die beiden bestmöglich zu unterstützen.
Beide zeigten eine wunderbare Vorführung und gut ausgebildete Hunde. Jedoch fehlte teilweise ein klein wenig Glück und die Aufregung tat ihr Übriges dazu. Beide konnten in ihrer Kategorie den 10. Platz von 13, bzw. 14 Startern belegen- ein großer Erfolg für diese jungen Teams.
Donnerstagabend wurde für den ersten Tag in Kategorie 3 ausgelost- direkt mit deutscher Beteiligung, André und Spezi zogen die Nummer 10. Das Team zeigte eine tolle Prüfung, lediglich eine nicht gebissene Verteidigung des Hundeführers verhinderte eine bessere Platzierung. Mit Platz 17 von 42 der besten Hund/Mensch-Teams der Welt konnten wir aber alle sehr zufrieden sein.
Die Auslosung am Freitagabend ermittelte dann für das letzte deutsche Starterteam, mich und Chili, die Startnummer 11 für den kommenden Tag. Leider verzögerte sich unser Start, da der vorherige Hund gesundheitliche Probleme hatte. Dann auf dem Feld zeigte Chili sich von ihrer gewohnten Seite: schnell und verrückt, das trifft es wohl am besten. Sie zeigte eine tolle Darbietung. Aber verletzte sich jedoch bei der gebissenen Flucht. Trotz der bis dahin toll erspielten Punkte mussten wir abbrechen. Die Gesundheit der Hunde hat immer und jederzeit Vorrang.
Wir hatten eine wunderbare Zeit in Mafra, das Team und die Mitgereisten waren einfach nur traumhaft. Es kamen sogar deutsche Freunde mit dem Wohnmobil und dem Flieger zum Anfeuern nach Portugal gereist- ein einzigartiges Erlebnis.
Wie siehst du die Zukunft für Mondioring?
Ich hoffe, wir können mit unserer Öffentlichkeitsarbeit noch mehr Menschen für diesen unvergleichlichen Hundesport begeistern. Eine Prognose abzugeben ist in der heutigen Zeit mehr als schwer, aber wir tun unser Bestes, um jedem Interessierten den Zugang zu ermöglichen und Tür und Tor zu öffnen.
Wer aktuelle Infos nachlesen möchte:
Oder einfach Nadine anschreiben!