Halsband vs. Geschirr

Nicht nur, sondern auch 

Halsbänder und Geschirre für Hunde sind heute in einer Vielzahl auf dem Markt erhältlich. Die Frage, was besser ist, wird zunehmend zu einer Glaubensfrage. SPORTHUND stellt die wichtigsten Modelle vor und worauf bei Anschaffung und im Alltag zu achten ist.

Farben für jeden Geschmack, unterschiedliche Breiten, verschiedene Materialien, mit Strass, Aufdruck oder lieber ohne: da fällt die Auswahl nicht leicht. Manch Hundebesitzer könnte überfordert sein, wenn der Vierbeiner ein neues Halsband braucht. „Das allerwichtigste ist, dass es den Hund nicht stört und ihm gut passt“, weiß Eva Dostler. Die 33-Jährige ist Hundephysiotherapeutin und betreibt eine eigene Praxis im osthessischen Kirchheim. Dort behandelt sie Haushunde ebenso wie Sporthunde oder Diensthunde von Polizei, Zoll oder Bundeswehr. Sie kennt die Probleme, die durch ungeeignetes Equipment entstehen können, nur zu gut.  

Einem zu großen Halsband kann sich der Hund durch einen schnellen Ruck mit dem Kopf einfach entwinden oder darin hängenbleiben, ein zu kleines Halsband drückt und reibt. Die richtige Weite hat es, wenn sich noch zwei Finger zwischen das Halsband und den Hals des Hundes schieben lassen. Ebenso wichtig ist, dass das Halsband zur Statur des Hundes passt. So sind beispielsweise für den langen Hals eines Windhundes oder den breiten Nacken einer Bulldogge breite Modelle besser geeignet. Denn: „Je breiter das Hundehalsband, desto weniger drückt es auf den Hals. Dort befinden sich wichtige Organe wie Schilddrüse, Kehlkopf, Luftröhre und die großen Halsgefäße“, erklärt Dostler. Deshalb sollte an dieser empfindlichen Stelle nichts reiben oder einschneiden. Bei guten Halsbändern ist der D-Ring für die Marke deshalb zusätzlich unterfüttert, außerdem ist der Verschluss am besten im Nacken angebracht, wo sich auch der Befestigungsring für die Leine befindet. „Ansonsten könnte die Schnalle oder der Klickverschluss den Druck auf den Kehlkopf zusätzlich verstärken, falls der angeleinte Hund stark zieht. Das ist nicht angenehm“, weiß Dostler. Reflektorstreifen oder gravierbare Metallplatten sind zusätzliche praktische Gimmicks eines Halsbandes.  

Halsbänder sind oft Geschmacksache

Halsbänder für jeden Tag

Auch hinsichtlich des Materials ist die Auswahl groß. Lederhalsbänder sind robust und langlebig. Wie gute Schuhe werden sie mit der Zeit weicher und bekommen eine schöne Färbung. Allerdings sind sie für Hunde, die gerne Zeit viel im Wasser verbringen, nicht geeignet. Denn das Leder wird dadurch hart und brüchig. Für Wasserratten sind Halsbänder aus Nylon deshalb die bessere Wahl. Sie sind robust, leicht und farbecht und lassen sich teilweise sogar in der Waschmaschine reinigen. Kettenhalsbänder sind zwar robust und leicht zu reinigen, gleichzeitig aber auch hart und schwer. Sie schmiegen sich kaum an und können die Haare des Hundes schädigen. Im IGP-Sport allerdings sind sie gemäß der aktuellen PO des VDH Pflicht und seit Jahrzehnten verbreitet und besonders bei den Gebrauchshunderassen beliebt. I.d.R. werden diese Halsbänder auch nur für das Training oder die Gassirunde am Hund belassen.

Gute sitzende und bequeme Halsbänder kann der Hund dauerhaft tragen. „Es spricht nichts dagegen, es ihm stundenweise oder nachts auszuziehen. Aber immer dann, wenn er sich relativ frei bewegen kann und bei der Gassirunde auch mal von der Leine gelassen wird, sollte er es um den Hals haben“, rät Eva Dostler. Von der vielerorts geltenden Leinenpflicht abgesehen ist es ein Sicherheitsaspekt. Im Halsband stehen wichtige Informationen zum Hund, falls er mal ausbüchsen sollte: Steuermarke, Kontaktdaten oder der Hinweis auf Medikamente zum Beispiel. Zudem hat ein Halsband es Dostler erst letztens ermöglicht, einen fremden freilaufenden Hund sicher von der Bundesstraße zu führen.  

Sattelgeschirr Niggeloh Follow Sport Plus

Geschirre für bestimmte Anlässe
Ist der Hund ein unverbesserlicher „Zieher“, sind Mensch und Tier mit einem Geschirr besser dran. Auch einer, der in einer Umgebung mit starken Reizen schwer zu kontrollieren ist und bei jeder Gelegenheit kraftvoll vorprescht, sollte besser ein Geschirr tragen. Sein großer Vorteil gegenüber einem Halsband ist, dass es den Druck gleichmäßig verteilt – und dabei die Halsregion ausspart. Auf diese Weise lassen sich nicht nur akute Verletzungen vermeiden, sondern auch Langzeitfolgen. „Wenn ein Halsband permanent den Hals quetscht, kann es zu chronischen Entzündungen des Kehlkopfes und der oberen Luftröhre kommen“, erklärt Eva Dostler. Nötig ist ein Geschirr auch, wenn der Hund an einer Schleppleine geführt werden soll. Dann sitzt der Karabiner stets sicher am Rücken des Hundes, während er an einem Halsband aufgrund seines Gewichts früher oder später zur Kehle des Hundes rutscht. Dann könnte der Hund auf die Leine treten und stolpern. Außerdem minimiert ein Geschirr die Gefahr von Wirbelsäulenverletzungen, falls der Hund durch der Schleppleine bei voller Geschwindigkeit zum Stoppen gebracht wird.   

Geschirre sollten dem Hund nur bei Bedarf angezogen werden. „Das hat nicht nur etwas mit der Bequemlichkeit zu tun, sondern auch einen psychologischen Aspekt“, erklärt Eva Dostler. Für ihre eigenen vier Hunde ist dies ein Signal, dass nun gearbeitet wird. Sie wissen nun, dass sie nicht brav bei Fuß gehen müssen, sondern ziehen sollen. Die 33-Jährige betreibt mit ihrem Australian Shepherd Adam, der Siberian-Husky-Dame Erna und den beiden Alaskan Huskys Sepp und Ubbe nämlich aktiv Zughundesport. Wenn sie nicht selbst hinten im Wagen steht, bringt sie ihre Erfahrung als Rennrichterin für den Verband Deutscher Schlittenhundesport Vereine e.V. (VDSV) und als Tierschutzbeauftragte im SCV Hessenhounds e.V. ein, dem größten deutschen Schlittenhundesportverein. 

Sept-in-Geschirr Hunter Hilo

Verschiedene Modelle mit Vor- und Nachteilen
Wer seinem Hund ein Geschirr zulegen möchte, hat ebenfalls viel Auswahl: Das Norwegergeschirr hat einen Brustgurt, der waagerecht vor der Brust des Hundes verläuft, und einen Rumpfgurt, der hinter den Vorderbeinen um den Brustkorb liegt. Ein Steg zwischen den Vorderbeinen des Hundes fehlt. Dafür haben die meisten Modelle eine Schlaufe auf dem Rücken – praktisch in Situationen, in denen ein schnelles Eingreifen erforderlich ist. Trotzdem rät Eva Drostler von diesen Geschirren ab: „Bei sehr aktiven Hunden oder solchen, die stark ziehen, kann der querverlaufende Brustgurt auf Luftröhre und Schultergelenk drücken.“ Eine Sonderform des Norwegergeschirrs ist das sogenannte Sattelgeschirr,  bei dem der Bauchgurt am Rücken durch ein gepolstertes Rückenteil geschützt wird. Es ähnelt einem Sattel und hat dem Geschirr seinen Namen verliehen. Bekannt sind Sattelgeschirre besonders durch die Firma Julius K9 geworden.

In das Step-In-Geschirr steigt der Hund hinein; es muss ihm also nicht über den Kopf gezogen werden. Das ermöglichen zwei Schlaufen, die auf den Boden gelegt werden. Wenn der Hund mit den Vorderbeinen richtig in den beiden Schlaufen steht, wird das Geschirr hochgezogen und am Rücken geschlossen. Eva Dostler rät noch, beim Kauf unbedingt auf den Beinabstand zu achten: „Ist der zu groß, werden die Vorderläufe des Hundes permanent auseinander gedrückt. Das kann reiben, aber langfristig auch zu Verspannungen führen.“ Ein Step-In-Geschirr eignet sich ideal für kleine, quirlige Hunde und Welpen. Bei kraftvollen Tieren mit tiefer Brust besteht die Gefahr, sich mit einer einzigen ruckartigen Bewegung daraus zu befreien.  

Garantiert ausbruchssicher sind Sicherheitsgeschirre: sie haben meist einen zusätzlichen Taillengurt, der ein Herauswinden des Hundes so gut wie unmöglich macht. Manche Modelle haben eine Schlaufe an der Rückseite des Geschirrs, durch den der Hund schnell gepackt werden kann. Panikgeschirre, Autosicherheitsgeschirre und Klettergeschirre sind spezielle Sonderformen.

Ein Führgeschirr ähnelt Hosenträgern: an der sogenannten Halsung, die um den Kopf des Hundes verläuft, sind ein Bruststeg und ein Rückensteg angebracht. Der Bruststeg verläuft durch die Vorderbeine des Hundes, am Rückensteg ist der Ring für die Leinenbefestigung angebracht. Brust- und Rückensteg sind durch einen Bauchgurt miteinander verbunden. Unterschiedliche Ausführungen der Gurte formen auf dem Rücken ein H, Y oder X, was den Druck der Leine unterschiedlich auf den Hundekörper verteilt.

Eva Dostlers Hunde tragen beim Zughundesport spezielle Zuggeschirre. Sie sind so konstruiert, dass die Leine auf Höhe des Hunderückens vom Hund wegführt. Die Kraft, die der Hund aufbaut, soll auf diese Weise möglichst auf den gesamten Hundekörper übertragen werden. 

Zuggeschirr von Non-Stop dogwearMaßanfertigungen bei Wettkämpfen
Je ambitionierter ein Sport betrieben wird, umso besser muss das Geschirr sitzen. Wer mehrfach pro Woche trainiert und Wettkämpfe anpeilt, sollte unbedingt auf perfekte Anpassung achten. Wer sich selbst einmal das richtige Schuhwerk zum Laufen oder Wandern gekauft hat, weiß, wie wichtig Auswahl und gute Beratung sind. „Das erhöht die Chance, das Passende zu finden.“ Findet sich nichts passendes, hilft nur in eine Maßanfertigung zu investieren. 

Eine Maßanfertigung ist für den ausgedehnten Spaziergang am Wochenende unnötig, dafür sind Geschirre aus dem Tierfach- und Onlinehandel absolut ausreichend. „Das sitzt möglicherweise nicht an allen Stellen absolut perfekt und muss öfters zurechtgezupft werden – was aber völlig in Ordnung ist“, beruhigt Eva Dostler. Sinnvoll sind auf jeden Fall Modelle, deren Gurte breit und unterfüttert sind. Bei breiten Streifen verteilt sich der Druck besser, es schneidet nicht ein. „Unterfütterte Modelle sind schön gepolstert und reiben nicht.“ 

Eva Dorstler

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