Nicht nur gefährlich, sondern auch unfair
Wenn es beim Sport um Medaillen, Pokale oder Urkunden geht, versuchen Menschen, mit verbotenen Substanzen ihre Leistungen zu verbessern – das gilt auch im Hundesport. Zum Schutz des Tieres und zur Fairness im Wettkampf ist es dort ebenso verboten wie beim Menschen. Doch hinter Doping muss nicht immer Absicht stecken, sondern es kann auch aus Unwissenheit geschehen. Was Hundehalter beachten sollten.
Doping kommt auch im Hundesport vor, auch wenn es dort nicht so große mediale Aufmerksamkeit erfährt wie im Humansport. Es ist ja auch ärgerlich, wenn ein aussichtsreicher Favorit kurz vor dem Wettkampf erkrankt oder sich verletzt. Dann platzen unter Umständen große Träume.
Allerdings ist es nicht in allen Disziplinen ein Thema. „Bei Ausstellungen beispielsweise ist es eher unwahrscheinlich, dass gedopt wird, weil es einfach keinen Sinn macht. Ein gedopter Hund wird nun mal auch nicht schöner“, scherzt Jörg Bartscherer, Justiziar und Geschäftsführer beim Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) e.V. Dieser ist hierzulande als Dachorganisation für 180 Mitgliedsvereine der größte Dachverband für Hundezucht und Hundesport und somit die oberste Ebene im Kampf gegen das Doping im Hundesport. Zudem repräsentiert der VDH Deutschland im Weltverband der Kynologie, der Fédération Cynologique Internationale (FCI).
Anders sieht es bei Sportarten aus, in denen es auf Schnelligkeit ankommt. „Im Windhundrennwesen hatten wir in den vergangenen Jahren vereinzelte Dopingfälle, im Agility ist der letzte schon Jahre her. Diese Zahlen mögen zwar nach Einzelfällen klingen. Wenn man aber bedenkt, dass diese Sportarten in Deutschland als reines Hobby ausgeübt werden, bekommen sie eine andere Dimension.“ Das lässt erahnen, welches Ausmaß Doping haben muss, wenn Geld im Spiel ist. Solche professionellen Rennen, bei denen auf die Tiere gewettet werden darf oder bei denen Preisgelder ausgezahlt werden, sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz aus tierschutzrechtlichen Gründen allerdings verboten.
Chronisch kranke Hunde als Grenzfall
Doping mit leistungsstärkenden Substanzen ist immer ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Auch Substanzen ohne direkten leistungsfördernden Effekt, die aber durch ihre therapeutische Wirkung einen leistungsmindernden physischen Zustand verdecken, sind im Wettkampf grundsätzlich verboten. Ein Grenzfall, der stets individuell betrachtet werden muss, ist der Umgang mit chronisch kranken Hunden.
„Dafür haben wir zusammen mit Tierärzten ein System entwickelt“, erklärt Bartscherer. Dabei müssen die Halter ihr Tier rechtzeitig vor einem Wettkampf zu einem Gesundheitscheck anmelden, bei dem auch das Medikament begutachtet wird. Kommt der Tierarzt zu dem Ergebnis, dass keine verbotene Leistungssteigerung vorliegt, ist Mensch und Hund die Teilnahme erlaubt.
Von den acht Deutschen Meisterschaften, die der VDH jährlich ausrichtet, werden mittlerweile auf drei Meisterschaften Dopingtests gemacht. „Welche das sind, wechselt und wird vom Verband jedes Jahr von Neuem festgelegt“, erklärt Bartscherer. Dort jeweils alle Hunde zu testen, würde die Kapazitäten sprengen. „Deshalb nehmen wir Stichproben. Allerdings losen wir nicht einfach aus, sondern konzentrieren uns auf die Spitzenhunde“, sagt Bartscherer. Damit alles mit rechten Dingen zugeht, arbeitet der VDH mit unabhängigen Dienstleistern zusammen.
Viele Disziplinen ermöglichen ebenso viele Methoden
Einer davon ist die PWC GmbH. Das Unternehmen organisiert seit 25 Jahren weltweit Doping-Kontrollen im Humansport und ist vor neun Jahren zusätzlich in den Tierkontrollbereich eingestiegen. Dopingtests im Pferderennsport machten den Anfang, später folgte das Windhundrennwesen. Christian Spies ist dort als Leiter für die Tierkontrollen zuständig und kennt sich mit Doping aus: „Das Besondere im Hundesport ist, dass es so viele verschiedene Disziplinen gibt. Dadurch ist die Bandbreite an Dopingmethoden sehr breit.“
Sie reicht von Bronchodilatatoren, die die Bronchien weiten und den Hund leistungsfähiger machen, über Cortison, muskelaufbauende Substanzen, Entzündungshemmer, Hormone bis hin zu Beruhigungsmitteln, damit der Hund auf Schauen nicht so zappelig ist. Von all diesen Substanzen muss der Hund am Tag des Rennens bzw. der Leistungsprüfung frei sein.
Doping liegt vor, wenn bei einem Hund mindestens eine oder mehrere Substanzen gefunden werden, deren Gehalt das physiologische Maß überschreiten.
Theobromin ist der einzige Wirkstoff, für den mit zwei Mikrogramm pro Milliliter Blut ein maximaler Grenzwert gilt. Er ist natürlicherweise in Schokolade enthalten und wirkt beim Hund ähnlich stark aufputschend wie Kokain oder Amphetamine beim Menschen.
Während sich beim Menschen Dopingsubstanzen in Urin, Blut und sogar Speichel nachweisen lassen, klappt dies beim Hund nicht so einfach. „Ihr Urin lässt sich auf Wettkämpfen schlicht schwer sammeln. Außerdem reicht meist die Probenmenge nicht aus“, erklärt Dr. med. vet. Stephanie Janowski-Gastl. Sie ist niedergelassene Tierärztin in München und in ihrer Freizeit für den PWC unterwegs. Der Vorteil von Blutproben ist, dass sie sich gezielt entnehmen lassen und darin heute auf ein breites Spektrum an Substanzen getestet werden kann.
„Allerdings sind dafür bis zu 20 Milliliter Blut nötig. Das ist recht viel und dauert bis zu drei Minuten, bis die Probe genommen ist“, erklärt Spies.
Die Analysen gibt die PWC nur in die Hände von Laboren, die von der Welt Anti-Doping Agentur (WADA) akkreditiert sind. Das sind in Deutschland gerade mal zwei: das Labor am Institut für Biochemie an der Sporthochschule Köln und das Institut für Dopinganalytik und Sportbiochemie Dresden (IDAS) in Kreischa.
>>> Positiver Dopingbefund bringt Sanktionen mit sich!
Die Ergebnisse leiten die Labore an den VDH weiter. „Bei etwa jedem 20sten Hund gibt es Auffälligkeiten. Dabei liegen die Laborparameter außerhalb der Norm“, erklärt Spies. Das bedeutet noch nicht, dass der Hund des Dopings überführt wurde. Zunächst erhält der Hundebesitzer Gelegenheit zur Stellungnahme. Fällt die Dopingkontrolle am Ende jedoch positiv aus, geht alles seinen rechten Gang: „Wir melden den Verstoß an die zuständigen Behörden, das sind üblicherweise die Veterinärbehörden am Wohnort des Halters“, erklärt Bartscherer.
Das Tier wird für einen Zeitraum zwischen sechs Monaten und drei Jahren gesperrt. Während dieser Zeit darf der Hund an keinen Wettkämpfen oder Ausstellungen des VDH teilnehmen. Zudem muss der Halter des Hundes damit rechnen, ebenfalls für sechs Monate bis drei Jahre gesperrt zu werden, wobei sich diese Sperre dann auf alle Hunde in seinem Besitz erstreckt. Darüber hinaus werden Name und ausgesprochene Sanktionen veröffentlicht sowie die FCI informiert. In besonderen Fällen wird der Halter auch aus dem VDH ausgeschlossen.
„Tatsächlich dopen Hundehalter, allerdings öfter aus Unwissenheit als aus Kalkül“,
sagt Janowski-Gastl. Sie ahnen nicht, dass ein gut gemeintes und unbedacht verabreichtes Medikament zu einem positiven Dopingbefund führen könnte. Man denke auch an Hunde, die sich das Stück Schokolade heimlich vom Wohnzimmertisch räubern.
Trotzdem schützt Unwissenheit vor Strafe nicht.
Die Hundebesitzer bzw. -führer sind verantwortlich und müssen deshalb mit ihrem Tierarzt abklären, ob ein Medikament zu Problemen führen könnte. Das gilt auch für Substanzen im Futter und eventuelle Futterzusätze. Die Halbwertszeiten eines Wirkstoffes lassen sich in den Beipackzetteln jedes Medikaments nachlesen, da die Feststellung der Halbwertszeiten inzwischen eine Voraussetzung für die Zulassung von Medikamenten ist.
Starten darf ein Hund nur, wenn das verabreichte Medikament vollständig ausgeschieden und somit der Nullwert erreicht ist. Wichtig zu wissen: Das ist je nach Rasse, Gewicht und Geschlecht, aber auch abhängig von der Aktivität und Genetik des Tieres unterschiedlich.
VDH plant, Dopingkontrollen auszuweiten
Und wie sieht es mit dem Hundeführer aus? Bei Disziplinen wie Agility künftig auch den Menschen auf Doping zu testen, hält der VDH für übertrieben. „Wir vertreten die Auffassung, dass der Hund der Leistungsträger ist und weniger der Mensch“, sagt Jörg Bartscherer.
Aber die Dopingkontrollen auszuweiten, sei sinnvoll. „Wir spielen beispielsweise mit dem Gedanken, künftig auch bei Zuchtzulassungsveranstaltungen zu testen.“ Dabei wird neben dem äußeren Erscheinungsbild des Hundes einschließlich der Bewegungsabläufe, seinen Gesundheitsdaten auch sein Verhalten begutachtet. Das ließe sich durch entsprechende Medikamente positiv beeinflussen.
„Wenn es darum geht, Elterngenerationen für die Zucht auszuwählen, dürfen keine verbotenen Substanzen im Spiel sein.“