Ein Sprichwort sagt „Liebe geht durch den Magen“. Hunde gesund zu ernähren und auch mal richtig zu verwöhnen ist vielen Hundebesitzern eine Herzensangelegenheit. So könnte man heute auf mancher Futterdose auch die Aufschrift „Entenbraten mit Spreewaldgurke und frischem Löwenzahn“ finden. Natürlich in Lebensmittelqualität.
Das Wissen um die Wichtigkeit sich selbst gesund zu ernähren, nährt auch immer mehr den Wunsch, seinen Vierbeiner optimal versorgen zu wollen. Die Entscheidung jedoch, ob Trocken- oder Nassfutter, barfen oder doch lieber von allem etwas, fällt den meisten Hundehaltern nicht leicht. Unumstritten ist, dass sich falsche Ernährung negativ auf Gesundheit und Fitness auswirkt. Die Aussage wird aber oft eher auf körperliche Auswirkungen beschränkt. Dabei geht auch Verhalten durch den Magen und gerade bei auffälligen Hunden lohnt es sich durchaus, das Futter unter die Lupe zu nehmen.
Der britische Hundeexperte Dr. Robert Mugford hat schon in den 80er-Jahren erkannt, welchen Einfluss die Ernährung auf das Verhalten von Hunden haben kann:
„Wenn wir darüber nachdenken, wie sich ein Hund verhält, sollten wir auch bedenken, was er in seinem Magen hat!“
Wie funktioniert aber nun der Zusammenhang zwischen dem, wie sich unser Hund verhält und dem, was er im Napf vorfindet?
Die Wissenschaft
Aminosäuren, die Grundbausteine der Proteine, spielen eine entscheidende Rolle. Lebensnotwendige, also essenzielle Aminosäuren, sind jene, die der Körper nicht selber produzieren kann und die daher über die Nahrung zugeführt werden müssen. Nur so können über 100 verschiedene Neurotransmitter (= Botenstoffe der Nervenzellen) gebildet werden, die für die Steuerung vieler kognitiver und emotionaler Prozesse ausschlaggebend sind.
Verhalten wird also von Neurotransmittern und Hormonen gesteuert. Durch deren Zusammenspiel können Emotionen wie Angst, Aggression, Bindung sogar Eifersucht im tierischen Organismus verstärkt oder aber auch gehemmt werden.
Ungesunde Ernährung und auch Stress können zu einem Ungleichgewicht des Neurotransmitter-Haushaltes führen und Angst, Impulsivität, Schlafmangel und Hyperaktivität auslösen. Die Schmerzempfindlichkeit steigt, Hunde sind allgemein emotionaler.
Frisst der Hund serotoninhaltige Lebensmittel, wie sie vermehrt in Kohlehydraten vorkommen, hat man einen stets ausgeglichenen und stressresistenten Alltagshund. Das ist ja praktisch, mag man sich denken.
So einfach ist es jedoch leider nicht.
Es gibt bei der Fütterung einige Dinge zu beachten, damit der Hund von einem höheren Serotoningehalt und diesem „Wohlfühl-Stoff“ profitiert. Serotonin kann nämlich nicht direkt mit der Nahrung aufgenommen werden. Dazu bedarf es erst eines seiner Grundbausteine: Tryptophan.
Zu den tryptophanreichsten Lebensmittelbestandteilen zählt Eiweiß. Füttert man nun vermehrt bis ausschließlich fleischreiche Kost, meldet sich ein Gegenspieler des wichtigen Tryptophan. Das sogenannte Tyrosin kann man somit auch als „Serotonin-Killer“ bezeichnen.
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass sobald man den Proteingehalt der Nahrung erhöht, automatisch auch andere Aminosäuren vermehrt auftauchen und um den Einlass in das Gehirn konkurrieren. Diese Blut-Hirn-Schranke ist wichtig um, das Gehirn vor schädigenden Substanzen zu schützen und filtert heraus, was hinein darf und was nicht. Tryptophan unterliegt aufgrund der Überzahl anderer Aminosäuren meistens, da nur eine bestimmte Anzahl an Transportwegen zum Gehirn zur Verfügung steht.
Was kann der Hundehalter berücksichtigen, damit Tryptophan nicht ganz am Ende der „Warteschlange“ steht? Bei der Verdauung von Kohlehydraten wird Insulin produziert, welches alle Aminosäuren, außer Tryptophan, von der Blut-Hirn-Schranke abzieht. Somit erlangt Tryptophan als Serotoninvorläufer wieder seinen wichtigen „Wettbewerbsvorteil“ beim Einzug ins Gehirn, um dort zu Serotonin synthetisiert zu werden.
Was bedeutet das in der Praxis?
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine langsame Reduktion des Proteingehaltes über ein bis zwei Wochen bei gleichzeitiger Erhöhung der Kohlehydrate bei Hunden zu weniger territorialer Aggression führt. Auch eine Fütterung von Kohlehydraten ca. zwei Stunden nach der Proteinmahlzeit sorgt dafür, dass Tryptophan an die richtigen Stellen des Gehirns weitergeleitet werden kann.
Basische, pflanzliche Lebensmittel eignen sich am besten dafür im Darm verarbeitet und im Gehirn zu Serotonin umgewandelt zu werden. Daher sollten diese „Glücksmacher“ im Hundenapf nicht fehlen: Lachs, Thunfisch, Ziegenjoghurt, Schafsmilch, Tofu, Sojabohnen, Bananen, brauner Reis, Tofu, Kartoffeln, Gerste, Quinoa, Amaranth, Hafer, Hirse, Cashewkerne, aber auch Karotten oder rote Paprika.
Gibt man zusätzlich zur Banane etwas Honig, wirkt dieser gleichzeitig beruhigend auf eine eventuell gereizte Magenschleimhaut.
Auch Vitamin B (Spinat, rote Beeren, Bananen, gekochter Brokkoli), Magnesium und Folsäure gemeinsam mit den Kohlehydraten gefüttert, begünstigt die Serotoninsynthese. Beste Quellen stellen hier Fischöle zum Beispiel aus Wildlachs dar.
So könnte also ein typisches „Serotonin-Frühstück“ aussehen: Banane, Ziegenjoghurt oder Schafsmilch, geriebene Walnüsse (sehr hoher Serotoninanteil), rote Beeren (enthalten Antioxidantien) und Honig für den Magen. Füllt man mit dieser Kombination die Körperzellen mit den richtigen Nährstoffen tagsüber auf, kann der Körper später die benötigten Stoffe direkt ins Gehirn abgeben.
Unbedingt zu vermeiden sind Mais, Soja oder Weizen. Diese Getreidearten haben einen sehr geringen Gehalt an Tryptophan, was bei gestressten Hunden problematisch ist. Sie weisen dazu einen hohen Wert an Tyrosin auf. Auch gerade deshalb ist es bei der Fütterung von Fertigfutter sehr wichtig, auch darauf zu achten, dass der Hauptgehalt an Kohlehydraten nicht aus diesen Getreidesorten besteht.
Ein Mythos der Hundeernährung ist es, dass der Hund keine Kohlehydrate verdauen kann. Studien zeigen, dass er sehr wohl dazu in der Lage ist, denn während der Evolution vom Wolf zum Hund musste sich der Vierbeiner über Jahrhunderte oftmals vom Müll der Menschen ernähren und hat sein Verdauungssystem entsprechend angepasst.
Welche Stoffe sorgen noch für eine positive Verhaltensbeeinflussung?
Hundesport und Alltag können unsere Hunde ordentlich fordern. Magnesium, auch das „Salz der inneren Ruhe“ wirkt sich sowohl als Muskelkraftstoff als auch als Nervennahrung aus. Der Organismus kann das Mineral aber nicht selber herstellen. Ca. 12 mg pro Kilogramm Körpergewicht mit dem täglichen Futter aufgenommen, sorgen für Vitalität und Wohlbefinden. Wenn besonders stressreiche Situationen, wie Tierarzt, Reisen etc. bevorstehen, sollte eine Extraportion Magnesium gefüttert werden. Magnesium ist beispielsweise in Quinoa, Amaranth, Leinsamen, Hirse und Sonnenblumenkernen enthalten.
Auch hochwertige Öle sind ein wichtiger Bestandteil in der ausgewogenen Hundeernährung, denn sie liefern essentielle Fettsäuren wie Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren. Sie finden sich vermehrt in Leinsamen- und Lachsöl und nehmen ebenfalls hemmend Einfluss auf aggressives oder impulsives Verhalten. Besonders ideal sind Walnuss- und Hanföl, da das Verhältnis beider Fettsäuren ausgewogen ist.
Stets hungrige Hunde profitieren von komplexen Kohlehydraten mit einem hohen Faseranteil. Ständiger Hunger zwischen den Mahlzeiten kann für Stereotypien, Aggression und verringerte Ruhephasen verantwortlich sein. Tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier enthalten keine Nahrungsfasern. Wertvolle Fasern hingegen liefern Gemüse, Kartoffeln und Früchte wie Äpfel sowie Beeren. Bei einigen Tieren tritt bereits nach einigen Tagen eine Verbesserung der Gemütsstimmung ein, bei anderen kann es Wochen dauern.
Schlussbemerkung
Ernährung hat einen gewichtigen Anteil an der Gesundheit unserer Vierbeiner, aber auch an ihrem Verhalten. Jede ihrer Gemütslagen aber der Nahrung zuschreiben zu wollen, wäre sicherlich zu weit gegriffen.
Denn genauso wie man Wohlbefinden mit der Nahrung fördern kann, kann man auch die Ausschüttung von Stresshormonen reduzieren oder sogar vermeiden.
Einem Hund im Dauerstress nutzt die beste Ernährung nicht.
Konstante Stressauslöser bedingen nicht nur viele Krankheiten, die Reizschwelle sinkt deutlich und unerwünschte Reaktionen treten immer früher auf. Verhaltensstörungen haben unterschiedliche Gründe und ihre Ursache muss nicht in einer Störung des Neurotransmittergleichgewichtes liegen. Auch körperliche Beschwerden, hormoneller Status, Tagesform und traumatische Erfahrungen beeinflussen unsere Vierbeiner.
Ein stressfreier Alltag, adäquate Beschäftigungs- und Ruhephasen sollten selbstverständlich sein. Zeigt ein Hund ein Verhalten, das erheblich von der Mehrzahl seiner Artgenossen abweicht oder ihn selbst, seinen Sozialverband oder seine Artgenossen schädigt, sollte ein Tierarzt mit verhaltensmedizinischen Kenntnissen kontaktiert werden. Auch kann er bei der Beratung zu notwendigen Nahrungsergänzungsmitteln und deren Fütterungsempfehlung behilflich sein.
Die Fütterung wird in Zukunft eine steigende Bedeutung in der Welt der Hunde haben und einen nicht unerheblichen Teil in der ganzheitlichen Therapie einnehmen.